Dieser Wohnungsbau gibt sich nicht die geringste Mühe, zu verheimlichen, dass er anders ist als seine Nachbarn. Während die übrigen Neubauten, die derzeit auf einer der künstlichen Inseln von IJburg im Osten von Amsterdam errichtet werden, mit ihren glatten Fassaden aus Metall, Glas oder Stein einander ähneln wie die Ostereier, sticht „De Warren“ mit seiner rauen Holzfassade deutlich heraus. Das fünfgeschossige Gebäude ist das Ergebnis einer genossenschaftlichen Wohnungsbaukooperative. Begleitet und umgesetzt wurde der kooperative Entwurf vom Amsterdamer Büro Natrufied Architecture.
Der gemeinsame Prozess begann vor fünf Jahren, als sich die Kerngruppe der zukünftigen Bewohner*innen zusammenfand und dann Schritt für Schritt erweiterte. Heute wohnen in den 36 Einheiten 50 Personen, darunter fünf Kinder. Die Wohnungen variieren zwischen 20 und 70 Quadratmetern. Die kleinsten Einheiten teilen sich Bäder und Küchen, die größeren Einheiten – meist von Familien bewohnt – verfügen über eigene. Die Mieten liegen zwischen 400 und 1.000 Euro, was für Amsterdamer Verhältnisse selbst in der Vorstadt ausgesprochen günstig ist. Vor allem, weil zu den privaten Räumen noch ein erheblicher Anteil an Gemeinschaftsfläche kommt.
Früh hatten die Mitglieder der Genossenschaft festgelegt, dass sie miteinander leben möchten, nicht nebeneinander. Von den 3.070 Quadratmetern Bruttogrundfläche im Haus werden 800 Quadratmeter gemeinschaftlich genutzt, also circa 26 Prozent. Darunter finden sich gemeinsame Arbeitsräume und Küchen, ein Kinderspielzimmer, ein Musikstudio, ein Meditationsraum, ein Gewächshaus sowie eine Dachterrasse. Diese kollektiv genutzten Räume liegen fast alle an einer langen Treppe, die durch das ganze Gebäude führt. Ihren Anfang nimmt sie in einem großen Raum an der Straßenecke, dessen Sitzstufen ihn wie ein Auditorium wirken lassen, während die Glasfassade und die zweiflügelige Tür zu einer Bespielung des öffentlichen Raums einladen. Die Architekt*innen nennen die Kaskadentreppe „Machu Picchu“, die Bewohner*innen sprechen von der „Holzkathedrale“, wie eine Journalistin der Architekturzeitschrift De Architect notierte. Auch im Untergeschoss geht es gemeinschaftlich zu: Die Garage bietet Raum für Fahrräder, sieben Autostellplätze sowie sieben weitere Plätze für gemeinsam genutzte Elektroautos.
Im Grunde ist das gesamte Haus eine Wohngemeinschaft mit 50 Mitgliedern. Die Gruppe stellte dabei auch hohe Ansprüche an die Klimagerechtigkeit. Das Gebäude ist energiepositiv, besitzt einen Dachgarten und eine PV-Anlage. An der Fassade sollen Grünpflanzen emporwachsen, die im Sommer für Sonnenschutz sorgen sollen. Das Holz der gesamten Fassadenkonstruktion stammt aus wiederverwendeten Hartholzvertäfelungen und Ankerpfosten eines lokalen Abbruch-Unternehmens. Dass diese Holz- und spätere Grünfassade an der Straßenecke prominent noch zwei Etagen über den Bau hinausführt, wird sicher für zusätzliche Aufmerksamkeit sorgen. (fh)
Fotos: Jeroen Musch
Zum Thema:
Webseite der Kooperative De Warren
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solong | 23.06.2023 09:47 Uhrnungut
... tropenholz in zweitverwendung ... wirklich alles aufbereitetes altholz ? ... in einer für bewitterte holzkonstruktionen völlig ungeeigneten konstruktion ... gut wenn es bongossi (lophira alata) ist ... die dunkelbraune farbe mit dem violett stich deutet darauf ... wird das auch so ein paar jahrzehnte durchhalten - muss es auch da die bestände in kamerun und elfenbeinküste wo weitestgehend abgeholzt sind - nein gibt es nicht als plantagenholz !!