Seit 2014 werden die „Nationalen Projekte des Städtebaus“ deutschlandweit mit Mitteln des Bundes gefördert. Verbunden ist dies mit dem Ziel, Bauprojekte auszuzeichnen und deren Realisierung zu unterstützen, die nicht nur zu einer Weiterentwicklung des Standorts beitragen, sondern auch beispielhaft über diesen hinaus wirken. Bis 2021 erhielten insgesamt 193 Projekte die Förderung. In diesem Jahr wurden 18 Bauvorhaben ausgewählt, die das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen mit 75 Millionen Euro unterstützt. Umgesetzt wird das Programm durch das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung. Nach der Veröffentlichung der Auswahl im Juli folgte die Auszeichnung im Rahmen eines Netzwerktreffens am 10. und 11. Oktober in Berlin. Viele der prämierten Projekte entstehen in Auseinandersetzung mit historischen Bestandsbauten, legen dabei beispielhaft einen Schwerpunkt auf die Erweiterung ihrer Museums- und Bildungslandschaft oder versuchen sich gar an der Transformation ehemalig industriell genutzter Areale.
Ein mit zwei Millionen Euro gefördertes Projekt ist das Deutsche Optische Museum, für das Mitte November auch das Planerteam für die vorgesehene Erweiterung vorgestellt wurde. Das bisherige Bestandsgebäude im Zentrum Jenas soll in den kommenden Jahren saniert und um einen Neubau zur „Erlebniswelt der Optik und Photonik“ ergänzt werden. Studio Qwertz aus Berlin werden mit der Planung des Gesamtensembles betraut, während das ebenfalls in Berlin ansässige Studio Other Spaces von Ólafur Elíasson und Sebastian Behmann für die künstlerische Gestaltung der Fassade des Erweiterungsbaus verantwortlich zeichnen wird.
Viele der Projekte wurden bereits vor der Förderung in Wettbewerben ausgearbeitet und befinden sich aktuell in der Entwicklung. Mit dem Projekt Haus des Wissens in Bochum etwa ist das Ziel verbunden, das 1931 fertiggestellte, jedoch seit Jahren leerstehende Hauptpostamt in der Innenstadt zu reaktivieren. 2020 konnten sich Cross Architecture (Aachen) im Rahmen eines Wettbewerbsverfahrens mit ihren Plänen für den Umbau und die Erweiterung des Gebäudes durchsetzen. Bis zum Frühjahr dieses Jahres wurde der Entwurf weiterentwickelt, bereits im nächsten Jahr soll mit dem Rohbau begonnen werden. Künftig sollen statt Leerstand unter anderem eine Bibliothek und Räume für die Volkshochschule Platz finden, und so fließen 7,85 Millionen vom Bund in das Projekt.
Auch dem mit drei Millionen geförderten Quartier Backnang-West ging ein 2021 entschiedener Wettbewerb voraus. Teleinternetcafe (Berlin) und Treibhaus Landschaftsarchitektur (Hamburg) konnten sich mit ihrem Entwurf durchsetzen, der vorsieht, ein ehemaliges Industrieareal zu einem gemischten Quartier zu entwickeln. Das Projekt ist damit auch programmatisch Teil der IBA’27 Stadtregion Stuttgart, die nach zukunftsfähigen Konzepten der Stadtentwicklung der Industrieregion sucht.
In Berlin legt derweil ein gefördertes Projekt den Schwerpunkt auf die Transformation der Infrastruktur in der Hauptstadt. Im Rahmen ihrer Studie „Mehr Grün in Friedrichshain-Kreuzberg“, die vom Umwelt- und Naturschutzamt des Bezirksamts Friedrichshain-Kreuzberg in Auftrag gegeben worden war, analysierten die Berliner bgmr Landschaftsarchitekten bereits im Dezember 2019 Flächenpotenziale in dem Bezirk. Als einer von mehren Orten wurde dabei exemplarisch die Entwicklung der Parkpromenade Hallesches Ufer skizziert. Das Vorhaben erhielt eine Förderung von 2,95 Millionen Euro. „Der Umbau eines 600 Meter langen Abschnitts des Halleschen Ufers am Landwehrkanal soll einen wirksamen Beitrag zur Berliner Verkehrswende leisten“, heißt es dazu auf der Website des Bundesministeriums.
Die 18 Vorhaben könnten die vorerst letzten Nationalen Projekte des Städtebaus sein: Vergangenen Dienstag wurde der Etat des Bundesministeriums für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen vom Bundestag verabschiedet. Eine erneute Förderung der Nationalen Projekte des Städtebaus, wie es im letzten Förderjahr 2022 noch der Fall war, ist dort für 2023 nicht vorgesehen. (sla)