Nicht anders als in europäischen Großstädten sind auch in Melbourne die Immobilienpreise explodiert. Wer Wohneigentum erwerben möchte, dem bleibt als Alternative zur knapp bemessenen Stadtwohnung nur die Flucht nach Suburbia. Einen Ausweg aus diesem Dilemma soll das nach Plänen von
Austin Maynard Architects mit Sitz im Stadtteil Carlton verwirklichte Terrace House weisen. Mit einer vorstädtischen Ödnis, die hierzulande oftmals mit dem Reihenhaus assoziiert wird, hat der Neubau aber nichts gemein.
Zu den unbestreitbaren Qualitäten der Typologie zählt nach Auffassung der Architekt*innen die Verbindung von städtebaulicher Dichte mit der Möglichkeit, großzügige und lichte Wohneinheiten zu schaffen. In Melbourne verhinderte allerdings der Zuschnitt des schmalen Grundstücks, dass sich diese Vorzüge bereits zu ebener Erde ausspielen lassen. Statt die 20 Wohneinheiten aneinanderzureihen, wurden die Zwei- und Dreiraumwohnungen deshalb auf zwei Baukörper verteilt und in sechs Geschossen übereinandergestapelt. Dabei begegneten die Architekt*innen einer vororttypischen, der Monofunktionalität geschuldeten Langeweile, indem sie das Programm um drei Gewerberäume auf Straßenniveau erweiterten.
Dass die beiden Volumen, die zusammen mehr als 3.200 Quadratmeter bieten, ihre Nachbarn gleichwohl nicht übertrumpfen, verdankt sich der Entscheidung, die Obergeschosse an den Straßenfronten zurückzustaffeln. Mittels einer collageartigen Kombination verschiedener Oberflächen, die schon
andere Projekte des Büros bestimmte, gelang es außerdem, den Neubau in seiner Umgebung aufgehen zu lassen: Während die Materialität der Nachbarbauten in der ziegelsteinernen Basis eine Fortführung findet, ist die Front der darüberliegenden, zurückgesetzten Stockwerke metallisch verkleidet. Die Nachbarschaft profitiert außerdem davon, dass angesichts der hervorragenden Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr auf PKW-Stellplätze verzichtet werden konnte – stattdessen entstand Platz für 55 Fahrräder.
Ein besonderer Umstand ermöglichte es darüber hinaus, dass auch spezifische Bedürfnisse der künftigen Bewohner*innen in der Planung Berücksichtigung finden konnten. Austin Maynard fungierten nämlich nicht nur als Architekt*innen, sondern auch als Developer. Und auch bei der Finanzierung wurden neue Wege beschritten: Statt bei den großen Banken um Kredite anzusuchen, konnten frühere Auftraggeber*innen als
ethical investors gewonnen werden.
Der Anspruch, einen Beitrag zu leisten, der nicht nur der unmittelbaren Umgebung zugutekommt, sondern eine darüber hinausgehende Wirkung entfaltet, spricht schließlich auch aus dem Energiekonzept: Hochgedämmt, mit Wärmerückgewinnung wie mit Photovoltaik ausgestattet, erfolgt der Betrieb des Hauses unter Ausschluss fossiler Energieträger.
(ree)
Fotos: Derek Swalwell, Maitreya Chandorkar
Dieses Objekt & Umgebung auf BauNetz-Maps anzeigen: