Die Zukunft der Esso-Häuser prägte in den letzten Jahren die stadtpolitische Debatte der Hansestadt. Das Schicksal des 60er-Jahre-Komplexes von Wohn- und Geschäftsbauten an der Hamburger Reeperbahn wurde sogar von überregionalen Medien etwas dramatisch zum Schicksal der Stadt Hamburg erklärt. Besitzerwechsel 2009, strittige Vorhaben des neuen Besitzers, Evakuierung wegen Einsturzgefahr 2013, von Demonstrationen begleiteter Abriss 2014. Ein „Stück St. Pauli“ schien verloren. Wie geht es weiter auf dem Areal am Spielbudenplatz?
Hier soll nun ein „neues, zukunftsweisendes Stück St. Pauli entstehen“, erklärt das zuständige Bezirksamt Hamburg-Mitte. Das klingt zwar etwas nach hohler Floskel, scheint jedoch bereits im Hinblick auf den modellhaften, demokratischen Planungsprozess zutreffend. In einem Beteiligungsverfahren, zahlreichen Workshops und Aktionen erarbeitete PlanBude – ein Kollektiv aus Akteuren von Stadtplanern, Architekten, Soziologen, Künstlern, finanziert von der Stadtentwicklungsbehörde – zusammen mit interessierten Bürgern des Stadtteils den „St. Pauli Code“, welcher der Ausschreibung für die städtebauliche Neuordnung zugrunde gelegt wurde.
Billig, kleinteilig, subkulturell und etwas schmuddelig: Wie lässt sich der „St. Pauli Code“ in ein Gebäude einschreiben und wer kann das? NL Architects (Amsterdam) und BeL Sozietät für Architektur (Köln) konnten die Jury mit ihrem Entwurf überzeugen. Sie setzten sich gegen coido architects (Hamburg) und feld72 Architekten (Wien) durch. Unter den weiteren Teilnehmer waren Hild + K Architekten (München), ifau und Jesko Fezer (Berlin), LACATON & VASSAL ARCHITECTES (Paris) und blauraum Architekten (Hamburg). Die Jury vergab folgende Rangfolge:
- 1. Preis: NL Architects und BeL Sozietät für Architektur
- 2. Preis: coido architects
- 3. Preis: feld72 Architekten
NL und BeL fragmentieren die Blockrandbebauung gemäß dem Kleinteiligkeits-Paradigma des Codes. Die einzelnen Gebäudevolumen sind in ihren Höhen horizontal gestaffelt, die resultierende Dachlandschaft ist teilweise für öffentliche Nutzung zugelassen. Ihre vorgeschlagene Durchwegung in Nord-Süd-Richtung definiert klare öffentliche Bereiche. Auf 6.189 Quadratmetern organisiert das Team einen St.-Pauli-typischen Mix an Nutzungen: Wohnen, Gewerbe, Kreativ- bzw. Stadtteilnutzung.
Durch das Beteiligungsverfahren und den St. Pauli Code wurde der Entwurf quasi vorlegitimiert. Kritische Stimmen scheinen zu verstummen.
(df)Vom
25. September bis zum
4. Oktober 2015 können alle Entwürfe im
Hamburg Museum (Holstenwall 24) in einer Sonderausstellung eingesehen werden.
Auf Karte zeigen:
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eduard | 27.09.2015 22:33 UhrAlso
ich kann keine städtebaulichen Unterschiede wie auch kaum gravierende Unterschiede in der "Körnung" des Blockes der Preisträger ausmachen!
Auch kann es nicht an den vagen Fassaden von NL & BeL gelegen haben...!?
Aber ich gönne es BeL!!!