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11.04.2025

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Bergischer Rokoko

Museumssanierung in Remscheid von Bernhard Bramlage Architekten


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Haus Cleff in Remscheid ist ein bergisches Original. Über zehn Jahre lang war das denkmalgeschützte Haus aus dem 18. Jahrhundert geschlossen. Bernhard Bramlage Architekten haben es aufwendig saniert und für ein neues Museumskonzept ertüchtigt. Morgen feiert die Stadt seine Wiedereröffnung – mit einer Ausstellung von Wolfgang Tillmans.

Von Uta Winterhager

 
Der „Bergische Dreiklang“ ist unverwechselbar: Schwarz, Weiß, Grün. Die Herkunft der Farben lässt sich aus der Bautradition in und um Wuppertal, Solingen und Remscheid ableiten. Schwarz sind der Schiefer und die Balken des Fachwerks, weiß die geputzten Gefache und das lackierte Holzwerk von Fenstern und Türrahmen. In dem speziellen sogenannten Bergisch Grün, von dem es zwei Töne gibt, sind die Haustüren im dunkleren, die Schlagläden im helleren Farbton gestrichen.

Jahrhundertelang wurde so gebaut, Großbürgerliches wie Einfaches. Es gab Phasen, da wurde dieser Look von der Pommesbude bis zum Einkaufszentrum jedem Bau verpasst. Eines der schönsten Originale ist Haus Cleff. 1778/79 ließen sich die Brüder Peter Caspar und Johann Peter Hilger, damals wohlhabende Kaufleute und Werkzeugfabrikanten, auf dem Höhenzug des Remscheider Stadtteils Hasten ein schmuckvolles Patrizierhaus errichten. Außergewöhnlich ist nicht nur, dass es dem leider unbekannten Architekten gelungen ist, den Rokoko-Stil ins Bergische zu übertragen, sondern auch die Ausführung als spiegelsymmetrisches Doppelhaus für beide Familien.

Geprägt vom wirtschaftlichen Auf und Ab der Region und seiner Besitzer, wurde das Haus mehrfach verkauft, unter anderem an die Werkzeugfabrikanten Cleff, die ihm den Namen überließen. 1927 erwarb es schließlich die Stadt Remscheid und richtete ein Heimatmuseum ein. Später nutzte sie eine Hälfte als Museum Haus Cleff, die andere für die Verwaltung des benachbarten Werkzeugmuseums. Nach über zehn Jahren Sanierung wird das Museum nun wiedereröffnet. Rund 7,5 Millionen Euro hat die Maßnahme gekostet, eine Million davon war gefördert.

Über die Jahrhunderte gab es kaum Eingriffe in die Originalsubstanz des Hauses, dafür viele Schichten Farbe und Tapeten. Doch gänzlich ohne konservatorische Maßnahmen litt schließlich auch das sehr solide Haus. 2011 gründete sich ein Förderverein, der sein Ziel „Erhalt der historischen Architektur des Baudenkmals“ gefährdet sah, als zwei Jahre später im Fußboden Käferbefall festgestellt wurde. Die Stadt Remscheid entschied trotz schwieriger wirtschaftlicher Lage, das Haus von Grund auf denkmalgerecht zu sanieren, barrierefrei zugänglich zu machen und die Haustechnik zu erneuern, um es künftig als Kunstmuseum mit Trauzimmer zu nutzen.

Mit der Gesamtmaßnahme wurde 2018 das Düsseldorfer Büro Bernhard Bramlage Architekten beauftragt. Drei Jahre dauerten Planung und Ausführung der Sanierung von Dach und Fach. Um die Arbeiten am Dachstuhl und an der Fachwerk-Lehmkonstruktion der Außenwände durchführen zu können, mussten tausende einzelner Schieferplättchen abgenommen werden. Die Fenster und Türen sowie das schmuckvoll geschnitzte Holzwerk blieben erhalten und wurden aufgearbeitet, denn es galt die bauzeitlichen Ansichten wiederherzustellen.

Inzwischen sind auch die Maßnahmen innen abgeschlossen, die, wie zum Beispiel die Anpassung der Deckenbalken an die neuen Verkehrslasten, größere Eingriffe in die Substanz erforderten. Ein Aufzug in einem früheren Abortanbau an der Gartenseite erschließt das erste Obergeschoss nun barrierefrei.

Mit der Nutzung als Museum ist es möglich, die Raumtemperatur auf 18 Grad festzusetzen, das mindert die Auswirkungen von Wärmebrücken und gewährleistet die effiziente Nutzung der Heizenergie. Gedämmt wurde nur im Erdgeschoss mit dem neuen Boden sowie Dachschrägen und Decke in der Mansarde. Der historische Wandaufbau (Lehmgefache, Lehmputz, Kalkglätte) wurde wiederhergestellt. Die neue Flächenheizung ist in den Lehmputz der Decken integriert, in Räumen mit Stuckdecke liegen die Heizschleifen im Wandputz.

Eine Restauratorin dokumentierte jedes Detail und stellte, wo es möglich war, die ursprüngliche Fassung wieder her. Diese erzählt eine Menge aus der Bauzeit. So legen etwa die nach oben aufzuschiebenden Fenster und die blauweißen Delfter Fliesen nahe, dass die Gebrüder Hilger Handelsbeziehungen in die Niederlande hatten. Die scheinbar unverwüstlichen Einbauten aus Eiche, ja das ganze Haus, erscheinen als Zeugnisse einer nachhaltigen Baukultur. In Abstimmung mit der Denkmalpflege haben Bramlage Architekten jedem Geschoss eine eigene Farbe zugewiesen. Rosa, wo Küchen und Kontor noch ablesbar sind, Hellblau im ersten Stock, wo ein Saal die gesamte Hausbreite einnimmt, Grün in der Mansarde.

Der Betrieb als Kunstmuseum in einem denkmalgeschützten Wohnhaus mit 30 Räumen, dem mit viel Fingerspitzengefühl und Fachkenntnis eine Zukunft geschenkt wurde, wird an vielen Stellen ungewöhnliche Lösungen fordern. Wohin zum Beispiel mit den Bildern, in Räumen voller Türen und Fenster? Wie befestigen, wenn man nicht bohren kann? Für all das gibt Haus Cleff auf 600 Quadratmetern Ausstellungsfläche Antworten, nur eben keine Standards.

Der Erste, der sich damit auseinandergesetzt hat, ist der 1968 in Remscheid geborene Wolfgang Tillmans. Der Künstler und Fotograf schenkt seiner Heimatstadt die Eröffnungsausstellung, die bis Januar 2026 bei freiem Eintritt zu sehen sein wird.

Fotos: Jens Kirchner


Zum Thema:

Am Samstag, 12. April 2025 lädt das Museum von 13 bis 20 Uhr zur Eröffnung ein. Tillmanns „Ausstellung in Remscheid“ ist bis 6. Januar 2026 zu sehen. haus-cleff.de



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Kommentare
...geben nicht die Meinung der Redaktion wieder, sondern ausschließlich die ihrer jeweiligen Verfasserinnen und Verfasser.

2

peter | 11.04.2025 20:37 Uhr

wow

das dann quasi gelsenkirchener barock in seiner urform? authentisch, daher gut!

1

Hinrich Schoppe | 11.04.2025 19:11 Uhr

Ganz großes Kino

Ich verneige vor könnerschaft und Mut, sowoh lauf Architekten wie auch und gerade auf Bauherrenschaft.
Es ist etwas schade um die originalen Oberflächen, aber es geht oft nicht anders. Jedenfalls bei öffentlichen Nutzungen. Wenn bei mir zu Hause der Hohllagenputz von der Wand fällt erschreckt sich höchstens die Katze...

Danke!

 
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