„Mille Feuilles“ - so heisst im Französischen ein Kuchen, hierzulande Napoleonschnitte genannt, bei dem 1000 zarte Teigblätter eine süße Vanille-Creme umhüllen. Das Wort „feuille“ mit seinen fein nuancierten Vokaldrehungen vermittelt wohl, vielmehr als das deutsche Äquivalent „Blatt“, etwas Zartes und Gehauchtes. Rudy Riccioti (Bandol) und PhDArchitecture (Brüssel) verstehen das Dach ihres neuen Glasanbaus für das Kunstmuseum in Lüttich als eben solch ein hauchdünnes „Feuille“. Der lichte, gläserne Anbau und das renovierte Museum „La Boverie“ wurden Anfang dieses Monats eingeweiht.
Nicht eines, sondern vielmehr zwei „feuilles“ hat das Architektenteam in seinem Bau zusammengebracht. Dach- und Bodenplatte nämlich treten klar aus dem Bau heraus. Dazwischen legten Ricciotti und PhD eine um drei Seiten gehende Front aus 1200 Quadratmetern Glas. Die Betonbodenplatte lagert auf 26 Stelzen, um das gleiche Höhenniveau der Bestandsräumlichkeiten zu erreichen. Vollkommen nach innen gekehrt ist die statische Struktur des acht Meter hohen Baus. Säulen aus fein gekörntem Beton tragen das Dach. Sie sind mit ihrem sphärischen Profil und sich mittig verschlankendem Schacht das markante Merkmal des gläsernen Anbaus.
Der alte Museumsbau, der ursprünglich als Ausstellungshalle für die Weltausstellung 1905 geplant war und nun die Lütticher Sammlung für Moderne Kunst beherbergt, wurde von den beiden Büros zusätzlich restauriert. Dabei fügten die Architekten dem Bestandsbau ein neues Betonfundament hinzu, das ebenfalls von Pfählen getragen werden muss. 200 Träger stießen die Architekten dafür in den Grund. Pfähle, Stelzen, Säulen – nicht nur „deux feuilles“, sondern auch „mille colonnes“ hat das Team in Lüttich gebaut. (sj)
Fotos: Marc Verpoorten
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