Wenn sich ein Kunstsammlerpaar ein privates Museum von Daniel Libeskind (Studio Libeskind, New York) bestellt, dann darf man vermuten, dass hier ein Stück spektakuläre Architektur der Selbstdarstellung dienen soll. Oder? Nicht unbedingt, muss man angesichts des im Oktober in Vilnius eröffneten MO Museums sagen. Das Gebäude für die Moderne-Sammlung von Viktoras Butkus und Danguolė Butkienė, das in Zusammenarbeit mit dem lokalen Büro Do Architects entstand, entspricht dem Klischee des aufmerksamkeitssüchtigen Mäzenen jedenfalls nicht.
Das beginnt schon mit der Sammlung selbst. Sie konzentriert sich primär auf litauische Künstler und Künstlerinnen, die während der Sowjetzeit nicht ausstellen durften. Und das setzt sich darin fort, dass das Museum seit über einem Jahrzehnt auch ohne eigenes Gebäude seriöse Ausstellungsarbeit geleistet hat. Beides gibt dem Neubauprojekt, das 2015 erstmals vorgestellt wurde, eine Ernsthaftigkeit, die sich von der Eitelkeit vieler anderer privater Kunstsammler wohltuend abhebt.
Mit Blick auf die Architektur resultiert diese Seriösität in einem fast schon unscheinbaren, weiß verputzten Gebäude, das anstelle eines Kinos aus Sowjetzeiten am östlichen Rand der Altstadt von Vilnius steht. Ein paar Libeskind’sche schiefe Winkel gibt es natürlich auch hier, doch anders als beim jüngstem Projekt des Büros in New York hat man nie das Gefühl, dass die Form der Funktion einfach nur übergestülpt wurde. Im Gegenteil stellt sich angesichts der Zurückgenommenheit schon die Frage, ob nicht alles ein wenig zu profan geraten ist. Rund 3.000 Quadratmeter Nutzfläche bietet der Bau, der nicht nur mit Privatmitteln, sondern auch mit öffentlichen Geldern und EU-Zuschüssen errichtet wurde.
Räumlich ist das dreigeschossige Gebäude um einen diagonalen Einschnitt herum organisiert, den Daniel Libeskind als Referenz an die mittelalterlichen Stadttore von Vilnius versteht. Auch wenn der historische Bezug etwas beliebig erscheint, ergeben sich aus dieser Setzung durchaus interessante Situationen. Nach außen konnte das Volumen dadurch geschlossen bleiben, während sich die Fassade nach innen öffnet.
Eine große und einladende Treppe führt am Haupteingang vorbei, durch das Volumen hindurch auf einen rückwärtig gelegenen Dachgarten, der rund um die Uhr zugänglich ist. Auch wer sich nicht für moderne Kunst interessiert, kann also von diesem Museumsbau profitieren. Und das ist für die Architektur schwerreicher privater Sammler schon eine ungewöhnlich großzügige Geste. (sb)
Fotos: Hufton + Crow
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