RSS NEWSLETTER

https://www.baunetz.de/meldungen/Meldungen-Museum_von_Staab_Architekten_und_Atelier_Brueckner_7728915.html

20.09.2021

Zurück zur Meldung

Science Fiction in Nürnberg

Museum von Staab Architekten und Atelier Brückner


Meldung einblenden

Am vergangenen Freitag eröffnete die neue Zweigstelle des Deutschen Museums im Augustinerhof in Nürnberg. Städtebauliche Planung und Entwurf des Neubaus – der neben dem Museum ein Hotel, Gastronomie und Gewerbe beinhaltet – stammen vom Berliner Büro Staab Architekten. Planung und Ausführung der Ausstellungsarchitektur übernahm das Atelier Brückner aus Stuttgart.

Von Sabina Strambu

Es sind ganz unterschiedliche Gründe, warum Volker Staab und der bayerische Ministerpräsident Markus Söder stolz sind auf den neuen Augustinerhof in Nürnberg. Der eine ist es vor allem aufgrund der gelungenen städtebaulichen Integration und architektonischen Gestaltung des Projekts in unmittelbarer Nähe des Hauptmarktes am Fluss Pegnitz. Der andere ist stolz darauf, eine Zweigstelle des berühmten Deutschen Museums in München als prominente Mieterin zu haben. „Die Idee stammt von mir!“, verkündete Söder anlässlich des feierlichen Festakts zur Eröffnung des Zukunftsmuseums im Augustinerhof am letzten Freitag.

Jenseits des großen Eröffnungsrummels zeigte sich Staab vor allem auf den „Städtebau ein bisschen stolz“. Auf einer Empore im dritten Obergeschoss des Museums öffnet sich hinter ihm der Blick auf eine perfekt gesetzte, großformatige Fensterfläche und damit auf die kleinteilige Altstadt samt Burg im Hintergrund. Gerahmt vom grauen Sichtbeton, der im Inneren dominiert, zeigen sich Nürnberger Fachwerk und Dächermeer durch die teils bodentiefen verglasten Aussparungen an diversen Stellen im Gebäude. Der Sichtbezug nach außen bildet dabei immer wieder einen erfrischenden Kontrast zur kargen Raumhülle und dem technoiden Inhalt des Zukunftsmuseums.

Verfolgt man die Presse der letzten Monate scheint einiges am Mietverhältnis des Zukuntfsmuseums im Unreinen zu sein. Es steht der Vorwurf an die verantwortlichen Politiker*innen im Raum, eine unüblich lange Mietdauer von 25 Jahren und überzogene Mietkosten von 2,8 Millionen Euro pro Jahr zugunsten des Eigentümers Gerd Schmelzer von der Alpha Gruppe genehmigt zu haben. Von Parteispenden im Gegenzug ist ebenfalls die Rede. Doch die Inszenierung der Museumseröffnung mit Laserschwert und Stormtroopers sowie futuristischen Tanz- und Musikperformances übertönte unbequeme Fragen der anwesenden Pressevertreter*innen. Am Freitag ging es vor allem um die große Errungenschaft, endlich ein solches Zukunftsmuseum in Nürnberg zu eröffnen. Hier dreht sich fortan alles um die Spannweite zwischen „Science“ und „Fiction“ – um naturwissenschaftliche Forschung und technischen Fortschritt. Die Kurator*innen setzen unter anderem auf Großexponate wie den Prototyp eines Flugtaxis, eine Weltkugel mit Liveprojektion aktueller Satellitenbewegungen samt umherkreisendem Weltraumschrott und zahlreiche Mitmach- und Mitdenkstationen.

Die Architektur ist von außen wiederum so gut wie gar nicht futuristisch, sondern passend gegenwärtig im altstädtischen Kontext verortet. Dies hat auch damit zu tun, dass Städtebau und Hochbauplanung nahezu losgelöst vom späteren musealen Nutzungszweck entstanden. Ursprünglich ging es beim Projekt Augustinerhof um ein Hotel, Wohnungen, Büros und Gewerbeeinheiten. 2008 gewannen Staab Architekten – die bereits 1999 das Neue Museum in Nürnberg eröffnen konnten – den Städtebau- und Architekturwettbewerb. Ihr Entwurf legte von Anfang an Wert darauf, qualitativen öffentlichen Raum anzubieten, der augenscheinlich gut angenommen wird. Deshalb spannt sich das Gebäude wie eine Mäander in den Block ein, so dass eine innenhofartige Passage zwischen den Gebäudeteilen entsteht, an der wiederum eine Freitreppe zum Pegnitzufer liegt.

Die Nutzung eines der Gebäudeflügel als Zukunftsmuseum wurde erst während der Ausführungsplanung festgelegt, die Kubatur war bereits genehmigt. Größere Änderungen erfolgten an der Fassade, speziell am Maßstab der Fensteröffnungen und an der linearen Struktur, die sich aus den Fugen zwischen den schalenartigen Fassadenfertigteilen aus hellem Kunstwerkstein ergibt. Ungefähr die Hälfte des Objekts dient als Hotel. Dessen kleinmaßstäblichen, gereihten Fenster gehen im Fassadenbereich des Museums in einen größeren Maßstab über. Metallgedeckte Dachflächen und Dachgauben sowie das auf Fachwerk anspielende Fassadenmuster nehmen Bezug zur historischen Stadtumgebung. Auch im Inneren wurde natürlich umgeplant, wo nachträglich Durchbrüche zwischen den Geschossen und Lufträume entstanden.

Ab diesem Zeitpunkt setzte die Planung von Atelier Brückner aus Stuttgart an. Das Büro organisierte eine detailreiche Innenarchitektur auf 2.900 Quadratmetern reiner Ausstellungsfläche. Nahezu alle Exponate und Mitmachstationen stammen aus der Feder des Büros. Die Möbel und Schaukästen basieren dabei auf einem modularen Stecksystem aus Aluminium, das reversibel ist und stets neu gedacht werden kann. Die Ausstellung kann und soll sich schließlich weiterentwickeln. Grundlage dieser möglichen Veränderungen ist ein Raster von 60 x 60 Zentimetern, auf dem die Ausstellungselemente aufbauen. „Zukunft heißt auch, zu antizipieren. Die Grundidee unserer Planung ist, dass wir Raum immer wieder neu gestalten können“, erklärt Shirin Frangoul-Brückner beim Rundgang durch die Ausstellung.

Fotos: Marcus Ebener, Daniel Stauch


Dieses Objekt & Umgebung auf BauNetz-Maps anzeigen:
BauNetz-Maps


Kommentare
...geben nicht die Meinung der Redaktion wieder, sondern ausschließlich die ihrer jeweiligen Verfasserinnen und Verfasser.

13

Bo ist ein kurzer Name | 28.09.2021 10:56 Uhr

hmm...

Der ''Römische Verband'' Fassade passt gut mit Umgebungsgebäude, ein beispielhaftes städtebauliches Ensemble...

aber was ist das Gebäude mit Zukunft zu tun...

12

STPH | 27.09.2021 13:16 Uhr

@11

Aber doch toll, diese Fenster zwischen Historie und Zukunft. Dadurch ein sehr räumliches Konzept.

11

STPH | 27.09.2021 13:05 Uhr

...

Interessante Sache mit der Zukunft und dem Denkmalschutz im Genick und seiner kleinteiligen Dachlandschaft. Die räumliche Tiefe der Gesamtstuktur hätte durch eine horizontale Bandgliederung ins futuristische gesteigert werden können.
So schließt es an die Idee des auch so bezeichneten "Schaulager M20" von HDM im Städtebauwettbewerb zum Kulturforum an, mit seinem Fassadenwrapping a la Christo.
Eine Reduktion der äußeren Bedeutung.

10

Satoshi | 21.09.2021 11:05 Uhr

Abgelaufen

Es endet, wo es begann. In der Stadt, in der das Büro mit dem zeitlos guten Neuen Museum Bekanntheit erlangte. Jetzt zeigt sich, was sich schon länger abzeichnete: It´s over, Volker. War schön mit dir. Zenith überschritten, da kommt nix mehr. Städtebaulich solide, formal in einer Liga mit nem BMW X6.

9

michael | 21.09.2021 09:57 Uhr

wild

wild trifft es gut.

8

peter | 21.09.2021 09:05 Uhr

sieht vielleicht nicht ganz nach zukunft aus,

aber allemal ein schönes projekt, was sicherlich auch von der dort lebenden bevölkerung positiv angenommen wird.

7

Neue buchhandlung | 20.09.2021 23:29 Uhr

Nürnberg

Städtebau und Architektur sind ohne Gesellschaft / Bürgerschaft und Politik weder denkbar noch letztlich realisierbar. Wenn allerdings - wie hier mal wieder - sich Politik aus persönlichen Gründen ( Stichwort: des SÖDERs Profilsucht ) über Städtebau und Architektur / Gemeinwohl hinwegsetzen zugunsten desjenigen, der es eh am wenigsten nötig hat (Schmelzer) dann übersteigt dies deutlich demokratisch legitimierte Prozesse. Schade.
Wenn dann auch das Architekturbüro hinter seinen Möglichkeiten zurückblebt ( Fassade) dann auch hier : Schade.

6

Baukultur | 20.09.2021 20:49 Uhr

die '1oer Jahre gehen weiter

Der Entwurf überzeugt mich leider nicht und wirkt überraschend aus der Zeit gefallen.

Der Kontext, der ja anscheind das historische Herz Nürnbergs zu sein scheint (?,) wird vom Fotografen vorsichtshalber gar nicht eingefangen, nunmehr als "gerahmter Blick" von Innen, gewissermaßen um die Verbindungslosigkeit zur eigenen Geschichte vor der unsortierten eigenen Betonschalung noch zu feiern? Das Haus als sich selbst genügendes eigenes gegenüber wird dann auch außen voll abgefeiert. Ich verstehe hier leider keine einzige Entwurfsentscheidung.

Die Fassadenfarbe und selbst die Gliederung des Hauses zur Stadt (?) mit wenig Fenstern erinnert an die Gliederungsversuche "Arkaden-" oder "Center-Volumen" nachträglich noch zu gliedern und sie so "stadttauglich" zu machen. Wenn man durch das, was von Nürnberg übrig geblieben ist, hindurchläuft wird schnell klar, dass die Architekten wenig Gespür für den Ort bewiesen haben.

Auch drinnen dann alles aus Beton...mit welchem Ziel? Ich denke, dass im Büro von Volker Staab die Glocken der Zeit auch Läuten, oder? Wundert sich da keiner? Die Science sprechen eine völlig andere Sprache. Was wäre hier der zeitgemäße Ausdruck für ein Haus, dass den aktuellen Stand der Wissenschaft repräsentiert?

Würde mir von ganzem Herzen wünschen, dass eines der großen deutschen Büros nach sicherlich 10 Jahren "weiter so" endlich eine inhaltliche Kurskorrektur vornimmt. Vermutlich wäre das langfristig auch aus ökonomischer Sicht geboten. Das Büro hat in den ersten Jahren nach der Gründung eine Reihe ganz erstaunlicher Häuser gebaut, daran kann und sollte im Sinne des aktuellen Zeitgeschehens unbedingt wieder als kollektive Anstrengung des Büros angeknüpft werden.

5

Paul | 20.09.2021 19:34 Uhr

Warum diese Fassade?

Die Gebäudehülle wirkt auf mich insgesamt sehr bieder und wenig überzeugend. Außerdem hat sie nichts mit Inhalt oder Ort zu tun.

Schade!

4

skg | 20.09.2021 17:23 Uhr

Klassisch

Städtebaulich ein klassischer Staab! Der Platz ist von den Nürnbergern herzlich angenommen. Hut ab!

Zeitlose Innenräume. Hervorragende Architektur.

3

kde | 20.09.2021 16:44 Uhr

halb und halb

Städtebaulich ein großer Gewinn für Nürnberg, auch wenn man das Davor kennt. Plus einem "echten" Zugang zur Pegnitz.

Die Fassaden maßstäblich eher nicht. Trotz Gliederung zu große Flächen ohne Profilierung oder Absätze, da helfen die ansonsten schönen Fassadenelemente leider auch nicht. So bleibt es ein Mordsbrocken in der kleinteiligen Altstadt.

Das sieht man wenig auf den Photos, aber vor Ort (wechselnde Lichter), sagt ein alter Nürnberger.

2

wir sind der glubb | 20.09.2021 16:25 Uhr

fug' oh fug'

da kommt mir die wut! sündhaft teure fertigteile die sich einfach nicht treffen wollen. die farben im dach stimmen wohl überein, wirken trotzdem unterschiedlich. und das dach ist auch echt einfach wild wie die nachrichten über den sünder markus und die miete. schade marmelade.

1

Frederic | 20.09.2021 16:03 Uhr

weiss rot

Gute Raumlösung - wäre sicher für Nürnberg besser gewesen, wenn man den ortstypischen roten Sandstein für die Fassade genommen hätte. Aber klar, wieso sollte man auch mit Bezug zum Standort bauen?

 
Mein Kommentar
Name*:
Betreff*:
Kommentar*:
E-Mail*:

(wird nicht veröffentlicht)

Zur Durchführung dieses Service werden Ihre Daten gespeichert. Sie werden nicht an Dritte weitergegeben! Näheres erläutern die Hinweise zum Datenschutz.


Die Eingabe einer E-Mail-Adresse ist zwingend, um einen Kommentar veröffentlichen zu können. Die E-Mail ist jedoch nur durch die Redaktion einsehbar und wird nicht veröffentlicht!


Ihre Kommentare werden nicht sofort veröffentlicht. Bitte beachten Sie unsere Regeln.



Blick zum Haupteingang des Deutschen Museums

Blick zum Haupteingang des Deutschen Museums

Blick auf die Sitzstufen an der Pegnitz

Blick auf die Sitzstufen an der Pegnitz

Durchgang aus Richtung Hauptmarkt

Durchgang aus Richtung Hauptmarkt

Passage in der Spange zwischen den Gebäudeteilen

Passage in der Spange zwischen den Gebäudeteilen

Bildergalerie ansehen: 35 Bilder

Alle Meldungen

<

21.09.2021

Zukunft für den Berliner Mäusebunker

Debatte und Ausstellung in Venedig

20.09.2021

Wohnregal mit Ziegeln

Studio Schwitalla und Danner Yildiz in Tübingen

>
vgwort