In dem verschlafenen Zitronenstädtchen Menton an der französischen Grenze zu Italien ist seit vergangenem Sonntag ein neuer Museumsbau geöffnet. Unweit des alten Jean Cocteau-Museums, einem von dem Künstler zu Lebzeiten selbst entworfenes Kunstmuseum, wurde an der Uferpromenade das neue Jean Cocteau-Museum eingeweiht – entworfen von dem französischen Architekten Rudy Ricciotti und finanziert von dem amerikanischen Sammler und Mäzen Severin Wunderman.
Warum aber gleich zwei Museen für einen Künstler in einer Stadt, die deutlich weniger Einwohner hat als Bielefeld? Jean Cocteau hielt sich ab 1955 regelmäßig in Menton auf. Der Universalkünstler galt als ein Mann der Gegensätze – ebenso erfolgreich wie skandalumwittert. Er, der „Götterjüngling“, war mit Marcel Proust befreundet, malte mit Pablo Picasso, zählte Charlie Chaplin, Edith Piaf und Johnny Hallyday zu seinem Freundeskreis.
Ricciotti stellt sich dieser Aufgabe mit einem Entwurf, der zwischen Skulptur und Architektur einzuordnen ist; damit hatte er 2008 den internationalen Wettbewerb gewonnen. Den Gebäudeblock hat er an seinen äußeren Kanten gespalten – diese Einschnitte werden mit brennenden Flammen verglichen. Das Dach soll ein allegorisches Bild malen, dessen Linien sowohl tagsüber als auch nachts sichtbar sind, beschreibt der Architekt die „lodernen Flammen“. Architektur muss eben brennen.
Durch die phantasievollen Einschnitte präsentiert sich der 2.700 Quadratmeter große Museumsbau geheimnisvoll am Quai Monléon. Ricotti hat dabei den Übergang von Innen- und Außenraum ins Extrem inszeniert. In dieser Zwischenzone, die Durchgang und Promenade zugleich ist, arbeitet er mit extremen Kontrasten: Licht und Schatten, Hell und Dunkel, Schwarz und Weiß. Es ist vielleicht eine moderne Interpretation der antiken Kolonnade, nur dass hier jede „Säule“ anders aussieht.
In der verglasten Innenfassade spiegeln sich die einzelnen Flammen und erzeugen den Anschein von Symmetrie. Spielerisch, fließend und exzentrisch soll das Museum sein, so wie Cocteau seinerzeit selbst. Im Inneren ist der hallenartige Neubau nur durch Schiebewände unterteilt. Die Baukosten werden mit 14 Millionen Euro angegeben.
Fotos: Lisa Ricciotti
Auf Karte zeigen:
Google Maps
...geben nicht die Meinung der Redaktion wieder, sondern ausschließlich die ihrer jeweiligen Verfasserinnen und Verfasser.
2
Andrea Palladio | 10.11.2011 13:34 UhrEinmal mehr
würde man sich von Seiten Baunetz zumindestens einen Grundriss wünschen. Die Bilder sehen viel versprechend aus.
@Oli. Sicher. Aber das Enev & Co der menschengemachte Teufel der Architektur ist (von der Politik gewollt und vom Wähler abgesegnet), ist ja nicht neu.