Was zunächst lediglich nach ein paar gestapelten Kisten aussieht, entwickelt seine Dramatik im Schnitt: Aus dem Untergrund scheint sich die Kunst hier in Québec an die Oberfläche zu schieben. Das Bild passt durchaus zum neuen Pierre-Lassonde-Pavillon des Musée national des beaux-arts. Benannt ist der Flügel nämlich nach ihrem Sponsor, einem Philanthropen, der im Bergbau reich geworden ist.
Bereits 2010 konnte OMA den Wettbewerb für das Projekt gewinnen; verantwortlich ist Shohei Shigematsu, der New Yorker Partner des Rotterdamer Büros. Die unterirdischen Raumfluchten der Erweiterung erklären sich auch mit ihrer Funktion im Gefüge der Bestandsbauten. Das gläserne Atrium, das sich unter dem auskragenden Kistenstapel befindet, soll mit seiner Adresse an der Grande Allée dem gesamten Museum als Anlaufstelle dienen. Im Winter gelangt man über lange Gänge zu den anderen Teilen des Ensembles.
Errichtet wurde der 15.000 Quadratmeter große Flügel in Zusammenarbeit mit Provencher_Roy Architectes aus Montréal. Auf drei oberirdischen und zwei unterirdischen Etagen stehen insgesamt 3.000 Quadratmeter an Ausstellungsfläche zur Verfügung. Der größere Teil der Erweiterung dient damit anderen Funktionen, durch die das Museum stärker im Alltagsgeschehen der Stadt verankert werden soll. Hierzu zählen ein Restaurant samt Café, eine Boutique und ein großes Auditorium mit zusätzlichen Flächen für Empfänge aller Art.
Ebenfalls wichtig ist die enge Beziehung des Gebäudes zum umliegenden Park, aus der sich auch die kaskadierende Form des Pavillons erklärt. Auf diese Weise sind mehrere große Terrassen entstanden, deren oberste sogar Ausblicke auf den nahen Sankt-Lorenz-Strom erlaubt.
Die Qualität der Form beschränkt sich allerdings nicht nur auf ihren Nutzen bezüglich der Umgebung. Auch im Inneren entstehen dank der gegeneinander versetzten Volumen abwechslungsreiche Räume. Ein zweites Atrium mit einer spiralförmigen Freitreppe sorgt zudem für Durchlässigkeit in der Vertikalen. Die Ausstellungsflächen selbst konnten dank der raumhohen Fachwerkträger entlang der Fassaden stützenfrei gestaltet werden.
Bis die Québécois ihr neues Gebäude in Besitz nehmen können, werden allerdings noch ein paar Monate vergehen. Die feierliche Eröffnung ist für Juni geplant, dann sollte trotz der anhaltenden Kälte selbst in Kanada kein Schnee mehr liegen. (sb)
Fotos: Iwan Baan
Zum Thema:
www.mnbaq.org
Mehr zu den kommenden Fertigstellungen von OMA auch in der
Baunetzwoche#365: Rem Koolhaas
Dieses Objekt & Umgebung auf BauNetz-Maps anzeigen: