Der Weg ist das Ziel – das weiß auch die Bjarke Ingels Group. Für ihr aktuelles Projekt, das Dänische Seefahrt-Museum, haben die Kopenhagener Architekten den Zugang und Erschließung so inszeniert, dass Brücken, Rampen und Treppen durch ihre dramatischen Verformungen und ein skulpturales Zick-Zack zum Erlebnis werden. Seit kurzem ist das ungewöhnliche Museum für Besucher geöffnet, die in dem Neubau eventuell seekrank werden könnten.
Knappe 45 Kilometer von Kopenhagen entfernt – am Nordostende der Insel Seeland in der kleinen Stadt Helsingør – wurde das Schifffahrtsmuseum nach dreijähriger Bauzeit am 5. Oktober feierlich von der dänischen Königin eingeweiht. Es ist ein wichtiger Museumsneubau an einem exponierten Ort: Die Landzunge mit Blick auf das schwedische Ufer war Jahrhunderte lang das Nadelöhr zwischen Ost- und Nordsee. Deshalb ist das neue Museum von Weitem kaum sichtbar – die Architekten haben es unterhalb der Grasnarbe um ein 150 Meter langes, 25 Meter breites und neun Meter tiefes Betontrockendock gelegt, das nicht mehr in Benutzung ist. Dem Schloss Kronborg, Unesco-Weltkulturerbestätte und Schauplatz von Shakespeares Hamlet, wird auf diese Weise also keine Sicht versperrt.
2007 hatte BIG den Wettbewerb für das Projekt gewonnen und sich in dem Verfahren mit diesem Vorschlag durchgesetzt – die anderen Teilnehmer planten das Museum innerhalb des freigelegten Trockendocks. Bjarke Ingels, der übrigens im nächsten Jahr 40 wird, überraschte mit dem auf den ersten Blick zurückhaltendem Vorschlag, das leere Trockendock nicht mit einem Ausstellungsprogramm zu füllen, sondern es leer zu belassen. Da sich das Museum um diesen vorgefundenen, leeren Raum wickelt, wird das eingegrabene Atrium Mittelpunkt des unterirdischen Baus. Doch die Architekten lassen es sich nicht nehmen, die Leere als Attraktion zu inszenieren.
Die schrägen Brücken und steilen Treppen bringen die Besucher ins Wanken und erzeugen das Gefühl, auf hoher See zu sein – für die Dänen als alte Seefahrernation sicher kein Problem. Die breiten Stufen verzerren sich nach unten und werden immer schmaler, auch das Steigungsverhältnis ändert sich. Die Zick-Zack-Rampe ist jedoch mehr als ein formales Spiel, sie löst die Forderung nach einem barrierefreien Zugang in die unteren Ausstellungsgeschosse. Die Szenografie der Ausstellung mit Vitrinen, die wie gläserne Eisberge schräg im Boden versinken, stammt übrigens nicht von BIG – sie wurde von den Amsterdamer Architekten Kossmann.dejong gestaltet. (jk)
Fotos: Rasmus Hjortshøj und Luca Santiago Mora
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www.mfs.dk
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Friedrich Hähle | 23.10.2013 11:44 UhrBIG
Perfect!