Die Stadt Nîmes in Südfrankreich hat eine glorreiche Geschichte hinter sich. Bis zum Ende des 2. Jahrhunderts nach Christus war sie das Zentrum einer prosperierenden römischen Kolonie. Noch heute verdeutlicht das gut erhaltene Amphitheater im Zentrum der 150.000-Einwohner-Stadt deren einstige Bedeutung. Auch das Museum der römischen Zivilisation – das Musée de la Romanité – bezeugt mit seiner Sammlung die kulturelle Blüte von Nimes während des Römischen Reichs.
Anders als im benachbarten Arles, das seine ebenfalls beachtliche Antikensammlung in einen postmodernen Museumsbau von Henri Ciriani an den Stadtrand verlagerte, entschied man sich in Nîmes vor einigen Jahren dazu, die Sammlung im Zentrum der Stadt zu zeigen – und zwar in einem spektakulären Neubau. Elizabeth de Portzamparc, die gemeinsam mit Christian de Portzamparc das Pariser Büro 2Portzamparc betreibt, hat das Gebäude entworfen. In direkter Nachbarschaft zum römischen Amphitheater stellt sie mit ihrem neuen Museum dem historischen nun ein zeitgenössisches Nîmes gegenüber.
Wie ein gläsernes Kettenhemd legte de Portzamparc eine Fassade aus mehreren tausend, weiß bedruckten Glasplättchen um den kastenförmigen Kernbau. Die gewellte Fassade mit insgesamt 2.500 Quadratmetern Fläche soll eine Interpretation römischer Mosaike darstellen. An der Oberkante des Erdgeschosses endet das gläserne Kettenhemd abrupt, macht die dahinterliegende Glasverkleidung des Museums sichtbar und markiert zugleich den Eingang. In den oberen Stockwerken hingegen öffnen immer wieder Schlitze die Wellenfassade. Von außen wird dadurch ansatzweise wahrnehmbar, was im Inneren des Baus geschieht. Von innen wiederum öffnen sich immer wieder Blicke auf die antike Stadt.
Schon im Foyer empfängt eine spektakuläre Treppenanlage mit polierter Metallverkleidung die Besucher. Die Wendeltreppe liegt im Zentrum des Hauses und umwandert auch einen über drei Etagen reichenden Ausstellungssaal, in dem der Portikus eines Tempels mit Spolien nachgebaut wurde. Die Architekten schließen die Etagenebenen immer wieder zu geschossübergreifenden Sälen zusammen und führen den Ausstellungsparcours teilweise an offenen Galerien und an Brücken vorbei. Im dritten Obergeschoss mündet der Ausstellungsweg schließlich in einen offenen Hof, von dem aus wiederum eine spiralförmige Rampe auf das Dach führt.
Von hier oben, mit Blick auf die Denkmäler der Stadt, soll der Brückenschlag von der Antike zur Moderne – für den das Museum letztlich steht – räumlich erfahrbar werden. Ende dieses Monats wird die UNESCO entscheiden, ob die antiken Architekturdenkmäler von Nîmes auf die Liste des Weltkulturerbes gesetzt wird. Sollte die Delegation auch auf dieses Dach steigen, fällt ihr das Urteil gewiss leicht. (sj)
Fotos: Nicolas Borel, Isabelle Lecaux, Stephane Ramillon, Serge Urvoy, © Ville de Nîmes, © 2Portzamparc
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