Die Bildauswahl, mit der ein Architekturbüro seine Bauten präsentiert, sagt bekanntlich einiges über Themen und Interessen aus. Dementsprechend kann man beim Institute of Contemporary Art (ICA) Miami bedenkenlos und ohne Herablassung von einer „Fassadenarchitektur“ sprechen. Denn das Madrider Büro Aranguren + Gallegos geizt geradezu mit aussagekräftigen Bildern aus dem Inneren des Ausstellungshauses, das vergangenes Jahr im Miami Design Distcrict eröffnet wurde. Finanziert wurde der Neubau durch die Milliardäre und Sammler Norman und Irma Braman. Das ICA ist jedoch nicht als Ausstellungshaus für die Sammlung der Bramans konzipiert, sondern konzentriert sich auf die aktuelle Kunstproduktion und kooperiert nur bei Bedarf mit den Bramans.
Ein Blick auf die Grundrisse bestätigt den ersten Eindruck. Die drei Geschosse sind klar zoniert und frei von räumlichen Extravaganzen. Im Zentrum des Hauses liegen die Ausstellungshallen – im Erdgeschoss ergänzt um ein sich in der Mitte verjüngendes Foyer, das direkt von der Straße in den streng gestalteten Garten hinter dem Haus führt. Seitlich gerahmt werden diese drei großen, frei bespielbaren Bereiche von Raumschichten mit dienenden Räumen. Die Architekten betonen, dass sie bewusst auf neutrale Räume gesetzt haben, um den unterschiedlichen Formen und Experimenten zeitgenössische Kunstproduktion gerecht zu werden.
Nicht zuletzt die Ausrichtung des Hauses führte dazu, dass die nach Süden orientierte Straßenfassade als expressive, weitgehend geschlossene und silbrig glänzende Raumschicht konzipiert wurde. Demgegenüber zeigt sich die Nordseite zum Skulpturengarten als durchgehende Glaswand. Unterhalb der spektakulären, in Aluminium ausgeführten Südfassade in ihrer perforierten Splitterästhetik liegt der tief eingeschnittene Eingangsbereich.
Um ihren Entwurf konzeptionell zu unterfüttern, bemühen die Architekten Lewis Carrolls „Alice im Wunderland“ und Robert Venturis berühmte Zeichnung der gesichtslosen Box mit dem riesigen Schild „I Am A Monument“ auf dem Dach. Ihre Fassade verstehen sie in diesem Sinne als Schwelle von der Realität in eine Welt der Fantasie – und als uramerikanischen Versuch, einer funktionalen Box die notwendige Fernwirkung und Aufmerksamkeit zu verschaffen.
Übrigens: Für Parkplätze ist gesorgt, denn direkt gegenüber dem ICA liegt das nicht weniger aufregende, kürzlich fertiggestellte Parkhaus Museum Garage, dessen postmodernes Fassadenpotpourri einen perfekten Kontrapunkt zum glatten und coolen Neubau von Aranguren + Gallegos markiert. (gh)
Fotos: Iwan Baan, Fredrik Nilsen Studio, Aranguren + Gallegos
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