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27.09.2016
Von der Krypta in die Krone
Museum für afroamerikanische Geschichte von David Adjaye
Bereits vor 100 Jahren unter US-Präsident Woodrow Wilson wurden Forderungen nach der Errichtung eines eigenen Hauses für die Sammlung zur Geschichte der Schwarzen in den USA laut. Ein entsprechendes Gesetz dazu unterzeichnete Ex-Präsident George W. Bush im Jahr 2003. Am vergangenen Samstag eröffnete Barack Obama den Neubau für das von David Adjaye realisierte Nationale Museum für Afroamerikanische Geschichte und Kultur (NMAAHC) in Washington D.C..
Vor sieben Jahren hatte der ghanaisch-britische Architekt mit Büros in London und New York den entsprechenden Wettbewerb gewonnen, 2012 erfolgte der Spatenstich. Das fünfgeschossige, auf einem quadratischen Grundriss errichtete Gebäude fügt sich städtebaulich nahtlos in die Washingtoner National Mall ein. In Form und Materialität hebt es sich deutlich von den die Promenade säumenden klassizistisch anmutenden Marmorpalästen ab. „Das Gebäude sollte eine andere Sprache sprechen“, so der Architekt, der sich mit der Bronzehülle für ein Material entschied, das vielfach bei Monumenten und Mahnmalen Verwendung findet.
Mit der vom Büro selbst als „Krone“ und von anderen oft als um 180 Grad gedrehte, ineinander gestapelte Pyramiden beschriebene Form des Baukörpers und seiner Materialität sucht Adjaye sowohl einen Dialog mit der Umgebung, als auch eine gebaute Auseinandersetzung mit dem afrikanischen Erbe des Landes. Während die ornamentale bronzene Hülle als Referenz zur afroamerikanischen Handwerkskunst gedacht ist, ist ihre Form – der für die Schachtelung gewählte Winkel – Schlussstein und Sockel des Washington Monument, dem Marmor-Obelisken auf dem Hügel der National Mall entlehnt. „Sklaven haben in den USA nicht nur Bauwolle gepflückt“, erklärte Adjaye in einem Interview. Vor allem die Schmiedekunst in Charlston und Georgia sei ein Handwerk früherer Sklaven gewesen und ein wichtiger Teil amerikanischer Architektur.
Das je nach Wetterlage tiefbraun oder warm leuchtende Museum beherbergt mehr als die Hälfte seiner rund 40.000 Quadratmeter umfassenden Fläche, bestehend aus Galerieräumen, Sammlungslager, Verwaltungs- und Theaterräumen, unter der Erde. Und: je tiefer, desto monumentaler die Räume. Unterstützt von der Architektur sollen sich die Besucher – zwischen weiten offenen Räumen, dramatischen Lichteinfällen und einer vielfältigen Materialpallette aus Sichtbeton, Holz, Glas und Bronze – auf eine „historische und emotionale Erkundungstour begeben“. Das Raumprogramm böte eine „Reise von der Krypta hinauf in die Krone“, die, analog zur Geschichte der Schwarzen, als eine Art Migrationsprozess ins Licht verstanden werden könne. Räumliches Highlight ist der ‚Oculus’ genannte Erinnerungsraum, eine unterirdische Galerie von dreifacher Raumhöhe, in der die Besucher durch einen ringförmigen Wasserschleier ins Licht schauen.
Fotos: Alan Karchmer
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