Kaisersaal? Ist das nicht dieser neobarocke Prunksaal, den Sony am Potsdamer Platz für wahnsinnig viel Geld verschoben hat? Ist es. Auch. Denn in Berlin-Charlottenburg, direkt am Bahnhof Zoo, gibt es ebenfalls einen so benannten Saal. Er liegt im Obergeschoss des ehemaligen „Versammlungshauses der Offiziere der Landwehrinspektion“ in der Jebensstraße, einem düsteren Bau von 1909. Nach Kriegszerstörungen blieb der Saal jahrzehntelang eine Ruine, in die es hineinregnete.
Mit der gestrigen Wiedereröffnung des sanierten Kaisersaals wurde nicht nur dieser Saal für die Sammlung Fotografie der Kunstbibliothek nutzbar gemacht, sondern auch das Projekt „Museum für Fotografie“, das das ganze Haus umfasst, zum Abschluss gebracht. Bereits 2006 waren die unter dem Kaisersaal liegenden beiden Geschosse für die Helmut Newton Foundation hergerichtet worden. Die Planungen für die Gesamtmaßnahme stammen von den Berliner Architekten Petra und Paul Kahlfeldt.
Sie erläutern: „Die Entscheidung zur neuen Nutzung als Museum für Fotografie ermöglichte eine Neustrukturierung des Gebäudes. Das architektonische Konzept sieht die Schaffung großzügiger Schauräume innerhalb der sich erhaltenen Tragstruktur vor. Die ursprünglichen Raumfolgen bilden die Leitidee der inneren Organisation, wobei eine Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes nicht angestrebt wurde. Der Zuschnitt des Ausstellungsraumes im Obergeschoss folgt den historischen Dimensionen des Kaisersaals, jedoch ist der obere Raumabschluss horizontal und nicht wie früher als Gewölbe ausgebildet. Die Lichtvouten erinnern an die ursprüngliche Kassettierung der Decke, dennoch richten sich die Abmessungen nach den neuen Raumproportionen. Präzise gesetzte Pfeilervorlagen, genau platzierte Türen und exakt dimensionierte Fenster unterstützen die Ordnung und Raumbildung. Auf jeder Längsseite zeichnen verglaste Öffnungen die Lage der ehemaligen Kaiserlogen nach und vermitteln so zwischen geschichtlicher Erinnerung und notwendiger baulicher Gliederung.
Historische Teile blieben erhalten, wurden gegebenenfalls ergänzt und sind ohne spektakuläre Herausstellung integriert. Das Neue bildet keinen vordergründigen Kontrast, und so entwickelt sich ein respektvolles Ganzes. Die Geschichte des Gebäudes bleibt dennoch baulich erlebbar, und im Resultat formt sich eine neue Architektur, bescheiden aber selbstbewusst.“
Fotos: Stefan Müller
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Schweizer | 28.05.2010 16:59 UhrLieber Martin,
warum fühlen Sie sich gleich unterdrückt, nur weil einer versucht, seine Veranlassungen und Überlegungen zum Ausdruck zu bringen? Warum soll ein Architekt (genau wie jeder Filmemacher, Grafiker, Schriftsteller, Maler oder andere Mensch der schöpferisch tätig ist) nicht das Recht haben zu erklären, welche Gedanken ihn bei seiner Arbeit geleitet haben oder welche Absichten er verfolgte? Was ist daran bitte gleich schon wieder "selbstverliebt", wenn man sich um die sprachliche Vermittlung eines Werkes bemüht? Sie dürfen ja gerne andere Meinung sein, können gerne den "Wahrheitsgehalt" an Ihrer Wahrnehmung überprüfen, aber manchmal eröffnet einem die Erläuterung des Verfassers sogar eine Sichtweise auf das Objekt, die einem ohne sie verschlossen bliebe. So habe zumindest ich das in meinem Studium bei unzähligen Präsentationen immer wieder erlebt. Die von Laien viel geschmähten und gerne gönnerhaft als Architektenprosa abgetanen Erläuterungstexte sind außerdem in der Regel zwingende Anforderung bei Architekturwettbewerben. Es ist schon ein wenig albern und paranoid, hier zu unterstellen, der Urheber intendiere die Unterdrückung eigener Gedanken beim Betrachter. So unmündig werden Sie wohl nicht sein, dass Ihnen ein bisschen - zugegeben subjektive - Lobhudelei gleich den Kopf vernebelt, dass Sie selbst nicht mehr schauen und denken können.