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09.10.2023

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Geschichtete Geschichte

Museum der Polnischen Geschichte in Warschau von WXCA


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Es war ein langer Prozess, der mit der Eröffnung des Museums der Polnischen Geschichte am vergangenen Donnerstag ein Ende fand. Das Museum war bereits 2006 gegründet worden, blieb allerdings jahrelang eine Institution ohne festen Ort. Ein erster internationaler Architekturwettbewerb fand 2009 statt. Damals sollte das Museum noch bis zur Fußball-EM 2012 (in Polen und der Ukraine) als Riegel über der Stadtautobahn errichtet werden. Die ambitionierten Pläne wurden bald auf Eis gelegt.

Schließlich wurde entschieden, das Gelände der ehemaligen Zitadelle zum Museumsquartier zu entwickeln. Im Zentrum dieser Pläne stehen drei  Museumsneubauten um den ehemaligen Gardeplatz. Nördlich und südlich des Platzes liegen die beiden Häuser für das neue „Museum der Polnischen Armee“. Sie rahmen das deutlich höhere und größere „Museum der Polnischen Geschichte“, das den Platz nach Nordosten abschließt. Der südliche Flügel vom Museum der polnischen Armee wurde bereits Ende August 2023 eröffnet, jetzt folgte das Geschichtsmuseum. Die Entwürfe für alle drei Häuser stammen vom Warschauer Büro WXCA. Auch die Landschaftsgestaltung auf dem Zitadellengelände, das einmal ein 12 Hektar großer Stadtpark werden soll, stammt von WXCA in Zusammenarbeit mit RS Architektura Krajorbazu (Warschau). Die Arbeiten am Park werden allerdings noch ein paar Jahre in Anspruch nehmen.

Während alle drei Gebäude als ähnlich kräftige, rechteckige Volumen erscheinen, die Bezug nehmen auf die Kasernengrundrisse im 18. Jahrhundert, unterscheiden sich die Fassaden deutlich: Rot gefärbte Betonfertigteile verkleiden die Bauten des Armeemuseums, heller, portugiesischer Marmor das Museum der Polnischen Geschichte. Aufgrund der 27.000 Quadratmeter umfassenden Fassadenfläche konnte der Materialbedarf aus polnischen Steinbrüchen nicht gedeckt werden.



„Der Baukörper des Museums erinnert an einen nur wenig behauenen Marmorblock“, sagt Pawel Grdozicki von WXCA. Die Steinplatten sind auf sechs unterschiedliche Weisen bearbeitet worden und unterscheiden sich daher in ihren Farbtönen, Oberflächen und Texturen. Sie wurden in deutlich sichtbaren, horizontalen Bändern angeordnet, das Bild soll an archäologische Grabungen erinnern. Zudem sind abstrakte, grafische Formen und Muster in die Steinplatten eingearbeitet, die sich auf berühmte polnische Bauwerke beziehen, etwa auf das Bronzeportal der Kathedrale von Gniezno, das Kristallgewölbe der Basilika von Danzig oder auf das modernistische Untertassen-Profil des Spodek-Stadions in Katowice von 1971.

Das Haus beherbergt über 44.000 Quadratmeter Nutzfläche. Neben den Räumen für Dauer- und Wechselausstellungen (etwa 8.700 Quadratmeter auf sechs Etagen), einer Bibliothek, einem Restaurant und mehreren Konferenzräumen gibt es ein großes Auditorium mit 577 Plätzen und einen Kino-Saal mit 135 Plätzen. Die Sammlung des Museums zur über 1.000-jährigen polnischen Geschichte umfasst bereits über 60.000 Objekte. Davon ist jedoch erstmal nur ein kleiner Teil zu sehen, denn die Dauerausstellungen wird voraussichtlich erst 2026 eingerichtet sein. Die Dachterrasse mit ihrem beeindruckenden Warschau-Panorama ist bereits eröffnet. Man erwartet jährlich bis zu 500.000 Besucher*innen. (fh)

Fotos: Daniel Ciesielski


Video:


Filmbericht zur Eröffnung © Poland Daily Live

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Kommentare
...geben nicht die Meinung der Redaktion wieder, sondern ausschließlich die ihrer jeweiligen Verfasserinnen und Verfasser.

5

solong | 11.10.2023 09:53 Uhr

östlicher kulturraum

... ist nicht so von leichtigkeit getragen + zumindest sehr "konservative" regierung ... da konnte nichts anderes zum tragen kommen ... so bedauerlich das ist ... illlusion in stein ...

4

Sieben | 10.10.2023 17:03 Uhr

Geschichte

Die teils leidvolle Geschichte Polens hätte vielleicht etwas besseres verdient.
Für mich sieht es so aus, als wäre für die aktuell erzkonservative Regierung eine "moderne Kiste" folkloristisch dekoriert worden. Also ein Spiegel der polnischen Gegenwart und nicht der Geschichte.

3

Julius W | 10.10.2023 16:08 Uhr

Museum oder Mahnmal?

Sehen wir hier ein Museum oder ein Mahnmal an die unbeantworteten architektonischen Maßstäbe des 21. Jahrhunderts?
Bestimmt ein nettes Raumerlebnis, aber ansonsten völlig zurückgeblieben im Zeitgeist des 20. Jahrhunderts. Soll so wirklich im Jahr 2023 eine repräsentative Architektur aussehen? Ohne typolgischen oder Ökologischen Kontext, aber Hauptsache nett gravierter Import-Marmor...

2

Isabella | 10.10.2023 14:05 Uhr

Fassade

Die Fassade erinnert mich trotz völlig unterschiedlicher Materialität an die Bibliothek in Eberswalde. Da hätte es kein Naturstein sein müssen.

1

Lars K | 10.10.2023 11:35 Uhr

Poland, zero points

Sorry, das ist ja alles gut und groß und schön und hoffentlich auch mit tollen Ausstellungen zur polnischen Geschichte. Aber letztlich wirkt es auf mich einfach wie Bauen aus dem letzten Jahrhundert: Beton, Stahl und wenn es in Polen nicht genug Marmor für die Protzfassade gibt, dann holt man sich halt welchen aus Portugal. Äh - hätte es da nicht auch ein paar interessante Materialalternativen aus Polen gegeben, die sich vielleicht sogar auf eigene, polnische Bautraditionen bezogen hätten? Wäre da nicht ein intensiverer Bezug der Architektur zum eigentlichen Thema des Museums möglich gewesen? Das hier wirkt auf mich leider wie eine vergebene Chance, trotz aller Gravuren im Marmor....

 
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