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28.03.2017
Zwei Quadrate Stadt
Multifunktionales Quartier in Mannheim von Blocher Partners
Die Mannheimer Innenstadt ist bekanntlich in Quadrate aufgeteilt. Zwei dieser Quadrate – nämlich Q6 und Q7 – wurden kürzlich architektonisch und städtebaulich neu programmiert. Und weil die knappen Bezeichnungen der Quadrate fast schon die Qualität von Labels haben, wurde die hier entstandene „Premiummall“ der Einfachheit halber Q 6 Q 7 genannt. Pointierter kann man eine Architektur eigentlich nicht verorten und zugleich als Marke etablieren. Verantwortlich für das Projekt, das auf der Basis eines Wettbewerbsgewinns im Jahr 2007 entstand, ist das Büro Blocher Partners (Stuttgart/Mannheim/Ahmedabad). Die Architekten konnten das Ensemble komplett selbst planen und waren damit auch für Branding, Leitsystem und Innenarchitektur zuständig. Das Ergebnis wollen sie als „multifunktionales Stadtquartier“ verstanden wissen, was durchaus angemessen ist. Denn Q 6 Q 7 folgt zwar den Logiken eines großmaßstäblichen Kommerztempels mit all seinen vieldiskutierten Vor- und Nachteilen. Das Projekt ist aber doch mehr als das.
Zuerst zu den nackten Zahlen: Über die Gesamtfläche der zwei Mannheimer Quadrate wurden 155.000 Quadratmeter Bruttogeschossfläche realisiert. Vier Untergeschosse, sieben Obergeschosse, knapp 1.400 Tiefgaragenstellplätze, 20.000 Quadratmeter Einzelhandel inklusive Gastronomie, 4.000 Quadratmeter Fitnessbereiche, 2.700 Quadratmeter Ärztezentrum, 79 Wohnungen und ein Hotel mit 230 Zimmern. Ein zweiter, nochmals die Fläche eines Quadrates überbauender Bauteil mit weiteren 38.000 Quadratmetern Bruttogeschossfläche schließt direkt an. Das sind beachtliche Zahlen, die deutlich machen, welche Bedeutung das Projekt für die Mannheimer Innenstadt hat. Wobei vor allem die vielen Tiefgaragenplätzen bedenklich stimmen, da sie wie ein Magnet den Individualverkehr anziehen dürften.
Die Struktur von Q 6 Q 7 folgt einer klaren Logik: Im ersten Untergeschoss, im Erdgeschoss und in den ersten beiden Obergeschossen liegen jeweils die Ladenflächen und Restaurants. Ab dem dritten Obergeschoss gibt es Wohnungen, Büros und das Hotel. Um diese Funktionen mit Licht und Luft zu versorgen, wurde hier mit je einem großen Innenhof pro Bauteil gearbeitet. Ein elegant gespanntes Glasdach und eine röhrenförmige Brücke verbinden die beiden Abschnitte und spannen einen halböffentlichen Freiraum auf.
Das Interessante an einem Projekt wie Q 6 Q 7 ist das Durchscheinen alter Technikutopien der Sechziger- und Siebzigerjahre – vermutlich ist es kein Zufall, dass die röhrenförmige Brücke zwischen den beiden Bauteilen genau die Formensprache dieser Zeit zitiert. Nicht so sehr an den Fotos, aber anhand der Pläne wird deutlich, wie hier in die Tiefe gebaut und nach oben gestapelt wurde, wie Wohnungen, Büros, Arztpraxen und ein Hotel auf die Mall gesetzt wurden, wie Höfe den Baukörper öffnen und Durchwegungen im städtischen Maßstab geschaffen wurden. Es geht um die Dichte der Stadt, die eben auch durch die Anlage begrünter Höfe auf Höhe des dritten Obergeschosses realisiert wird. Dies alles wurde bereits vor einigen Jahrzehnten als liberale und hedonistische Vision in bunten Farben ausformuliert – und taucht heute unter kommerziellen Gesichtspunkten und heruntergebrochen auf die alltäglichen Herausforderungen des Bauens wieder auf. Die Integration dieser Aspekte macht aber eben auch klar, dass man am „Schreckgespenst“ innerstädtische Mall arbeiten kann. Sowohl die Öffnung als auch die funktionale Erweiterung der geschlossenen, monofunktionalen Box sind machbar. Schade nur, dass nicht noch die ein oder andere nichtkommerzielle Funktion in das Haus gepackt werden konnte. (gh)
Fotos: HG Esch
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