Dialog auf Augenhöhe: Mit ihrem Neubau für das Kunstmuseum Basel schaffen Christ & Gantenbein eine spannungsvolle Erweiterung. Auf gleicher Höhe gegenüber des sanierten Hauptgebäudes gebaut, zeigt der introvertierte Betonmonolith mit hellgrauer Backsteinfassade einen eigenen Charakter, ohne dabei aber den Bestand in den Schatten zu stellen – im Gegenteil: Der Neubau ergänzt und stärkt den Altbau. Fast genau sechs Jahre nach dem Wettbewerbsentscheid im März 2010 wird das Ensemble nun an diesem Wochenende eröffnet.
Getrennt von der Straße sind die beiden Museumsbauten im Untergeschoss über einen großzügigen, zweigeschossigen Gang, der auch als Ausstellungsfläche dient, miteinander verbunden. Das neue Haus bietet 20 neue Räume für die Kunst, die für Sonderausstellungen genutzt werden – es ist ein reines Ausstellungsgebäude ohne Café, ohne Shop, ohne Garderobe. Das Grundstück mit seiner komplizierten Geometrie liegt prominent in der Stadt und war Basis des Entwurfs. Mit einer „markant vorspringenden Ecke“, die einen kleinen Vorplatz bildet, antworten Christ & Gantenbein auf die ebenso markant vorspringende Ecke des alten Kunstmuseums, ein Bau von 1936. Entworfen von den Architekten Paul Bonatz und Rudolf Christ, wobei letzterer mit Emanuel Christ verwandt ist, stammt die Architektur der beiden Museen also aus einer Familie.
Der dreigeschossige Erweiterungsbau fasst zwei Ausstellungstrakte pro Etage, die über eine monumentale Treppe erschlossen werden. Die im Grundriss frei geformte Erschließung bricht mit den rechtwinkligen Ausstellungshallen, die durch eine klare Kreuzaufteilung geprägt sind. „Unsere Räume für das Kunstmuseum Basel sind physisch sehr präsent: Es gibt einen massiven Boden, massiv gebaute Wände und eine sehr präsente Betondecke, die zeigt, dass sie trägt“, sagt Christoph Gantenbein.
Eine entscheidende Rolle spielen die Details. Als Boden in den Ausstellungshallen haben die Architekten einen Eichenboden verwendet, bei dem die Eichenbretter vollflächig verklebt und mit einem Holzzementmörtel verfugt wurden. Die vorgefertigten, sandgetrahlten Betonelemente überspannen als sichtbare Konstruktionsteile die Räume und sollen so die Last der Decke inszenieren. Die Decken wiederum haben eine eigene Struktur, die den Räumen eine Richtung geben soll.
Doch noch nicht genug Material: Im Foyer trifft ein Boden aus Marmor auf feuerverzinkte Stahlwände – ein zeitgemäßes „Cross-over“, mit dem Christoph Gantenbein und Emanuel Christ ihrem Museum einen „einmaligen Charakter“ geben wollen. Die selbsttragende Fassade aus vier Zentimeter hohen Backsteinen haben die Architekten als monolithisches Mauerwerk entwickelt. Der Fassade des Altbaus ähnlich, deuten die Architekten über unterschiedliche helle Grautöne auch bei der Fassade des Neubaus eine klassische Gliederung mit Sockel, Volumen und Abschluss an – verstärkt wird diese Wirkung durch das Relief im Fries. In dessen Rillen wurden LED-Steine eingesetzt, die die Hohlkehle der Backsteine beleuchten.
Mit ihrem Erweiterungsbau wollten Christ & Gantenbein die Sprache des Bestands aufnehmen, aber eine neue Geschichte erzählen. Dass dieser Entwurf samt seiner präzisen Ausführung gelingen konnte, ist auch einem Budget von 100 Millionen Schweizer Franken zu verdanken. Das 8.000 Quadratmeter große Ausstellungshaus wurde zur Hälfte staatlich, zur Hälfte privat finanziert.
Am 17. und 18. April 2016 wird das Kunstmuseum Basel feierlich eröffnet. Als erste Ausstellung im neuen Haus wird „Scuplture on the Move 1946–2016“, kuratiert von Bernhard Mendes Bürgi, gezeigt.
Zum Thema:
www.kunstmuseumbasel.ch
„Bei diesem Projekt würde ich extrem wenig anders machen – es waren ideale Bedingungen für uns als Architekten.“ Im Gespräch verrät Christoph Gantenbein, warum Architektur keine Kunst ist und wie er von Hans Kollhoff dessen Begeisterung für die Brandwand geerbt hat.
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