Maschinenhaus, so steht es im Titel – oder handelt es sich doch um eine Hausmaschine? Beim Energieeffizienz-, Technologie- und Anwendungszentrum der TU Darmstadt, meist kurz als ETA-Fabrik bezeichnet, verwischen die Grenzen zwischen den Werkzeugmaschinen im Inneren und der sie umgebenden Gebäudehülle – zumindest hinsichtlich ihrer technischen Avanciertheit. In einem vom Bund, dem Land Hessen und Akteuren der Industrie geförderten Modellprojekt erforschte ein Team aus Maschinenbauern, Bauingenieuren und Architekten der TU – unter anderem Johann Eisele für die Leistungsphasen 1 bis 3 – drei Jahre lang an der maximalen energetischen Optimierung von Industriebauten und ihren Produktionsprozessen. Die Ergebnisse wurden schließlich in Kooperation mit Dietz Joppien Architekten (Frankfurt am Main) als Prototyp umgesetzt. Nach anderhalb Jahren Bauzeit ist mit der Fabrik nun ein Bauwerk eröffnet worden, dessen Erscheinungsbild ausschließlich durch thermisch-technische Entscheidungen definiert ist – und das trotzdem toll aussieht.
Der quaderförmige Hallenbau steht am Eingang des Campus Lichtwiese. Über einen dreigeschossigen Bürobereich mit Besprechungs- und Seminarräumen im nördlichen Teil wird das Volumen erschlossen. Dahinter folgt, mit viel Luftraum die Gebäudehöhe haltend, die eigentliche Halle, in der die Maschinen stehen. Die an den Flanken recht verschlossene Fabrik wird zu ihren Stirnseiten hin durch eine Glasfassade geöffnet, die jeweils der Nutzung des dahinterliegenden Raumes entsprechend ausformuliert wurden: Für die Büroseite bedeutet dies opake Öffnungselemente, während der Maschinenbereich durch eine parametrische Fassade mit speziellem Lichtlenksystemen abgeschlossen wird. Glaselemente in Bodennähe offerieren dabei Durchblick, zugleich wird mit Hilfe von Siebdruck präzise verschattet, und im oberen Fassadenbereich verhindern Lamellen einen direkten Sonneneinfall. Nichstdestotrotz wird der Raum durch Transmission an der Hallendecke mit Tageslicht versorgt. Die Fassaden der Längsseiten sowie das Dach bestehen aus mikrobewehrten, thermisch aktivierten Betonfertigelementen.
Insbesondere die von Luftkanälen durchzogene Hypokaustendecke im Seminarraum zeugt davon, dass hier Lüftungssystem und Tragwerk, Haustechnik und Haus in eins fallen. Das η, der griechische Buchstabe Eta, bezeichnet in der Physik den Wirkungsgrad, also die Effizienz mit der ein energiewandelndes System arbeitet. Die Namensverwandtschaft dürfte natürlich kein Zufall sein, wie eigentlich nichts an diesem gebauten Energiewandler mit Pionierfunktion. (kms)
Fotos: Eibe Sönnecken
Zum Thema:
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...geben nicht die Meinung der Redaktion wieder, sondern ausschließlich die ihrer jeweiligen Verfasserinnen und Verfasser.
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Jo Eisele | 06.03.2017 16:47 UhrProjektbeteiligte
Architekten:
Prof. Jo Eisele, LPh 1-3
Dietz Joppien, LPh 3-9
Tragwerk:
osd Frankfurt am Main, LPh 4-9
Prof. Dr. Jens Schneider, LPh 1-3
TGA:
Kruse Ingenieurges. mbH
Hypocaustendecke:
Alexander Wien
und viele Andere