Gestern wurden in Brüssel die diesjährigen Gewinner des Mies van der Rohe Awards bekanntgegeben. Mit ihrem vielfach ausgezeichneten Londoner Campusgebäude, das den vielleicht etwas irreführenden Projektnamen Town House trägt, setzten sich Grafton Architects (London) im europäischen Rennen durch. Der Nachwuchspreis „Emerging Architecture“ ging an das Genossenschaftshaus La Borda in Barcelona vom ortsansässigen Büro Lacol.
Aus den insgesamt 532 Nominierungen aus 41 Ländern wurden 40 Projekte aus 18 Ländern in die Shortlist gewählt. Daraus wiederum ernannte die Jury, der Tatiana Bilbao als Vorsitzende sowie Francesca Ferguson, Mia Hägg, Triin Ojari, Georg Pendl, Spiros Pengas und Marcel Smets angehörten, fünf Finalisten in der Kategorie Architektur und zwei für den Nachwuchspreis. Besonderes Augenmerk bei der Auswahl der Projekte galten der Wiederverwendung und dem Kreislaufgedanken, der Inklusivität durch kollektive und partizipative Prozesse, dem klimagerechten Bauen, der Bildung und Kultur sowie neuen Ansätzen der Stadtentwicklung.
Nach Vor-Ort-Besuchen der sieben Projekte durch die Jury – begleitet von den Planer*innen, Bauherr*innen, Nutzer*innen und örtlichen Fachleuten – fiel dann die Entscheidung. Das Town House in London von Grafton Architects wurde „für seine bemerkenswerte Umgebungsqualität ausgezeichnet, die eine hervorragende Atmosphäre zum Studieren, Tanzen, Zusammenkommen und Zusammensein schafft“. Es sei das erste Mal, dass ein Universitätsgebäude den Mies van der Rohe Award gewinnt. Mit der Auszeichnung möchte das Gremium demnach die Bedeutung qualitativ hochwertiger Bildungsbauten hervorheben. Die genossenschaftliche Wohnanlage La Borda von Lacol wiederum überzeugte durch ihr unkonventionelles Modell, das über „das spezifische Projekt des genossenschaftlichen Wohnens hinausgeht“.
Der mit insgesamt 80.000 Euro dotierte Preis – 20.000 Euro davon gehen an die Nachwuchsarchitekt*innen – wird in der Regel alle zwei Jahre von der Europäischen Kommission und der Funcació Mies van der Rohe ausgelobt. Aufgrund der Pandemie wurde die Preisverleihung von 2021 auf 2022 verschoben. Sie findet dieses Jahr am 12. Mai im Mies van der Rohe-Pavillon in Barcelona im Rahmen des Model Barcelona Architectures Festival statt.
Die letzte Verleihung liegt damit bereits drei Jahre zurück. Damals gewann das Sozialwohnungsbauprojekt Grand Parc Bordeaux von den Pariser Büros Lacaton & Vassal Architectes, Frédéric Druot Architecture und dem in Bordeaux ansässigen Büro Christophe Hutin Architecture. Studio Bast aus Toulouse erhielt für sein Schulrefektorium im südfranzösischen Montbrun-Bocage den Nachwuchspreis 2019. 2017 gewann zum ersten Mal ein Sanierungsprojekt: Der Wohnungsbau DeFlatKleiburg in Amsterdam von NL architects und XVW architectuur. Im selben Jahr wurden MSA/V+ für fünf Sozialwohnungen im Norden von Brüssel mit dem Nachwuchspreis ausgezeichnet. (tp)
Zum Thema:
Vom 11. Juni bis 13. Juli 2022 ist die Ausstellung zum Mies van der Rohe Award 2022 im Museum der Baukultur NRW in Köln zu sehen.
Wer mehr über La Borda wissen will, darf sich auf die kommende
Baunetzwoche#598 freuen, die Projekte des sozial orientierten Wohnungsbaus in Barcelona vorstellt. Sie erscheint am Donnerstag, 5. Mai.