Ein Niederländer gewinnt mit einem Gebäude in Berlin, ein spanisches Büro mit einer Philharmonie in Stettin und ein Schweizer Architekt mit einem Kunsthaus in Österreich. Neben der Architektur ist das Schönste am Mies van der Rohe Award der Europäischen Union, dass eine transnationale Perspektive hier keine Pflicht, sondern schlicht alltägliche Realität ist. Das zeigt sich freilich auch an seinen Ursprüngen, die eng mit der Wiedererrichtung von Mies van der Rohes Barcelona-Pavillon in den Achtzigerjahren verknüpft sind. Alle zwei Jahre wird der Preis seither vergeben, und schon die Liste der Nominierten – in diesem Jahr 355 Projekte – ist ein Ereignis. Jetzt folgte mit der Shortlist von 40 Gebäuden der nächste Schritt im Auswahlverfahren, bei dem 2015 schließlich das Estudi Barozzi Veiga prämiert wurde.
Sind bei der Vorauswahl noch zahlreiche lokale Expertinnen beteiligt, obliegt die weitere Kür einer internationalen Jury, der in diesem Jahr Stephen Bates, Gonçalo Byrne, Peter Cachola Schmal, Pelin Derviş, Dominique Jakob, Juulia Kauste und Małgorzata Omilanowska angehören. Wenig überraschend angesichts der großen Anzahl an Projekten reicht das Spektrum auf der Shortlist von kleinen Vorhaben wie der Casa 1014 des jungen Büros HARQUITECTES bis zu Großprojekten wie OMAs Timmerhuis in Rotterdam. Das niederländische Büro ist mit seiner Prada Foundation außerdem noch ein zweites Mal auf der Liste vertreten, ebenso wie auch OOPEAA aus Finnland mit ihrer Suvela-Kapelle und einem Wohnblock.
Weitere Projekte bekannter Architekten sind: ein Bürogebäude von Aires Mateus, die Limburger Landmarke von Monadnock, das Museu Nadir Afonso von Álvaro Siza, ein sozialer Wohnungsbau von Lacaton & Vassal, das Musée de Rivesaltes von Rudy Ricciotti und die Sanierung der Granby Four Streets durch Assemble, für die das Kollektiv den Turner Prize gewann. Aus Deutschland kommen mit dem Landhaus Fergitz von Thomas Kröger Architekten und dem Hansemuseum von Andreas Heller zwei Projekte, die auch schon beim DAM Preis 2017 nominiert waren – wobei letzteres Projekt dann sogar gewinnen konnte.
Die für die Awards verantwortliche Fundació Mies van der Rohe wäre wohl keine typisch europäische Institution, wenn sie nicht bestimmte Formen der Transparenzsimulation praktizieren würde. So wurde das Bewerberfeld eifrig analysiert, was ergab, dass die Teilnahme junger Büros exponentiell zugenommen hat. Frankreich, Portugal und Großbritannien sind jeweils mit vier Projekten vertreten, jeweils drei stammen aus Dänemark, Spanien, Finnland, den Niederlanden und Norwegen. 60 Prozent aller Gebäude stehen in der Innenstadt, 23 Prozent im Grünen und 17 Prozent in der urbanen Peripherie. Ein Drittel der Projekte entstand mit Bezug zu existierenden Baudenkmälern – ein Schlüsselthema des im nächsten Jahr stattfindenden „Europäischen Jahr des Kulturerbes“.
Als nächster Schritt nach Nominierung und Shortlist folgt nun im Februar die Präsentation der fünf Finalisten, der Gewinner wird schließlich Mitte Mai bekanntgegeben und dann auch offiziell im Barcelona-Pavillon gekürt. In den folgenden Monaten tourt eine Ausstellungen mit allen Projekten des jeweiligen Jahrgangs durch Europa – die Schau von 2015 ist aktuell noch bis zum 12. Februar 2017 im Mies van der Rohe Business Park in Krefeld zu sehen. (sb)
Zum Thema:
www.miesarch.com
Objektberichte im Baunetz Wissen: das Casa 1014, OMAs Timmerhuis, die Limburger Landmarke und das Hansemuseum in Lübeck
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remko | 01.02.2017 17:56 Uhr...
war nix los in 2016, oder?