Ein aufgeständertes Auditorium, darunter ganz viel Kies. Ein dunkler Ort, an dem man sich nicht aufhalten wollte. So sah es aus, als Roland Baldi aus Bozen 2015 den Auftrag für den Bau einer Mensa auf dem EURAC-Forschungscampus südwestlich der Innenstadt bekam. Nach einer netten Einladung zum Essen klang das Projekt also nicht. Doch Roland Baldi und seine Kollegin Elena Casati hatten eine Idee: Den Kies weg, Glaswände einziehen, Licht hinein – dann würde der neu zu schaffende Speisesaal schon zur Geltung kommen.
Gesagt, getan. Auf einer Fläche von 665 Quadratmetern, davon 195 für den eigentlichen Speisesaal, setzten die Architekten ein simples, aber wirkungsvolles Konzept um. Sie schufen einen modernen Raum innerhalb der schlanken Säulen, der die bestehende Architektur des Gebäudes aus den Dreißigerjahren respektiert. Eine Glasfassade, parallel zur inneren Säulenreihe, wurden mit verdeckten Profilen montiert. So wirkt die Außenhaut der Mensa mit ihren drei Zugängen wie eine fugenlose, homogene Fläche. Aufgrund des Denkmalschutzes wurde von einer direkten Verbindung zum EURAC-Gebäude abgesehen.
Stichwort Denkmalschutz: Aus historischer Sicht ist das ovale Auditorium, das von einer Kuppel gekrönt wird, kein leichter Bau. Als Teil eines größeren Komplexes wurde es 1934 bis 1936 ursprünglich für die Mädchen der faschistischen Jugend, die Gioventù Italiana del Littorio, kurz GIL, errichtet. Verantwortlich für das Gebäude waren im Auftrag der faschistischen Jugendorganisation Opera Nazionale Balilla die Architekten Francesco Mansutti und Gino Miozzo. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurde der Bau in Ex-GIL umbenannt, die Nutzung changierte zwischen Supermarkt und Pornokino. Es blieb aber ein steinernes Denkmal der faschistischen Ära, an dem niemand grundlegend rühren wollte. Bis 1995 verfiel es, doch dann kam der Weckruf. Ein Umbau von Klaus Kada folgte, der dem historischen Bau eine zeitgemäße Architektur aus Beton, Stahl und Glas gegenüberstellte und damit ein Ensemble für das private EURAC-Forschungszentrum schuf.
Seit März ist nun auch die Intervention von Roland Baldi abgeschlossen. Der Saal bekam einen Boden aus Estrich mit mittelfeinem Schliff und die schräge Decke einen Akustikputz in originaler Farbgebung: Rosso pompeiano, ein satter Ton, der aus einem eisenhaltigen Erdpigment hergestellt wird und Gesichtern schmeichelt. (kat)
Fotos: Oskar Da Riz
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Fred Konkret | 19.09.2017 13:28 UhrRespekt!
Hier wurde mit Raffinesse im Detail ein Raum geschaffen, der die Wirkung des Bestands respektiert und eine neue Nutzung implementiert, bravo!