Markant rote Dachschrägen, die turmartig in den Himmel ragen. Nur die Spitzen wurden gekappt – so erinnert das Landhaus in der britischen Grafschaft Kent an die traditionellen „oast houses“: Backsteinbauten mit hohen, kegelförmigen Dächern, die von weißen Hauben gekrönt werden, erbaut einst zum Trocknen von Hopfen. Ein Verweis auf die regionale, landwirtschaftlich geprägte architektonische Tradition also – das überzeugte auch das Royal Institute of British Architects, kurz RIBA. Es befand den Entwurf für so herausragend, dass es ihn am Dienstag zum Haus des Jahres 2017 kürte.
„Dieses Haus ist ein ehrgeiziges Projekt, das darauf abzielt, das englische Landhaus im 21. Jahrhundert neu zu planen, um den Bedürfnissen von drei Generationen derselben Familie gerecht zu werden. Die Jury war beeindruckt davon, wie Macdonald Wright Architects Raum und Maßstab genutzt haben, um das Bedürfnis nach Größe mit Intimität in Einklang zu bringen – von den emporstrebenden Räumen des Piano Nobile bis zu den Wohnräumen, die teilweise in den Hügel darunter eingebettet wurden“, begründet die Jury.
Entworfen hat Caring Wood der Londoner Architekt James Macdonald Wright zusammen mit Niall Maxwell vom Rural Office for Architecture (Wales). Sie schufen Wohnraum für drei Generationen auf über 1.400 Quadratmetern: vom Eigentümer über seine Töchter und deren Ehemänner bis zu den Enkelkindern.
Das Wohnhaus, das bereits mit dem Regional Sustainability Award ausgezeichnet wurde, liegt inmitten eines 34 Hektar großen, hügeligen Grundstücks zwischen mehreren tausend neu gepflanzten Bäumen und einer Kirschplantage. Die weitläufigen Gemeinschaftsräume – allein auf der oberen Ebene können Klavierkonzerte mit 50 Gästen stattfinden –, die sich um den Innenhof gruppieren, bilden das Zentrum. Davon gehen vier separierte Wohneinheiten mit je einem steil aufragenden Dach ab.
Die Türme sind Landmarken, so die Jury, die sowohl untereinander als auch mit den oast houses in der Landschaft korrespondieren. Verkleidet sind sie und das verbindende Dach mit handgefertigten Tonziegeln aus lokaler Produktion.
Zukunftsweisend, meint RIBA Präsident Ben Derbyshire: „Ich habe keinen Zweifel daran, dass viele der Ideen, die bei Caring Wood gezeigt werden, noch viele Jahre lang Auswirkungen auf die britische Wohnarchitektur haben werden.“ Der Preis, der die besten britischen Wohnhäuser auszeichnet, wurde zum dritten Mal verliehen. 2016 hatten Richard Murphy Architects mit dem Murphy House den Titel Haus des Jahres abgeräumt, davor das Flint House von Charlotte Skene Catling, da firmierte der Preis allerdings noch als Manser Medal. (kat)
Fotos: Heiko Prigge, James Morris
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