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07.03.2023
Erweiterung auf Abstand
Mehrfamilienhaus im Kanton Waadt von Madeleine architectes und Studio François Nantermod
Das 250-Seelen-Dorf Villy in der Schweiz ist sicher kein schlechter Ort, um ein gediegenes Familienleben zu bestreiten. Es gehört zur Gemeinde Ollon, die in einem Tal der Waadtländer Alpen liegt. In der Nachbarschaft finden sich fast ausschließlich Einfamilienhäuser oder Ferienappartements – nicht selten mit Pool. Im Osten steigen die bewaldeten Hänge des Chamossier empor, wo sich auf 1300 Meter Höhe der beliebte Wintersportort Villars-sur-Ollon befindet. Rings um Ollon und Villy liegen vor allem Ackerbau- und Obstbaukulturen, mehrere Weinkeller bieten die Erträge der Rebstöcke auf den Hängen an.
Drei Geschwister haben hier das kleine Haus ihres Großvaters geerbt. Die Frage, wer es bewohnen darf, beantworteten sie mit einer Erweiterung zum Mehrfamilienhaus. Die Arbeitsgemeinschaft aus Madeleine architectes (Vevey) und Studio François Nantermod (Champéry) konnte den entsprechenden Auftrag über insgesamt rund 550 Quadratmeter Bruttogrundfläche (150 Quadratmeter davon sind Bestand) im vergangenen Jahr nach 20 Monaten Bauzeit fertigstellen. Die Baukosten werden mit circa 1,85 Millionen Euro angegeben.
Das Bestandsgebäude wurde zur Andockstation für die neuen Einheiten erklärt. Diese umstellen das Haus mit schmalem Abstand auf drei Seiten und sind über Brücken mit dem Obergeschoss verbunden. Erhalten wurden die Außenmauern, die Außentreppe sowie eine Innenwand, die übrige kleinteilige Raumaufteilung wurde entfernt. Im Erdgeschoss ist laut Beschreibung technische Infrastruktur für die Versorgung der Neubauteile untergebracht. Oben befindet sich nun ein großer offener Gemeinschaftsraum, den die Architekt*innen als Reminiszenz an die Vergangenheit verstehen. Das Konzept führt soweit, dass der Anschluss des ehemaligen Dachbodens in der Wand als „Narbe“ sichtbar bleibt. Der komplett weiße Anstrich, eine neu eingefügte, weiße Stahlstütze und die Verglasung zwischen den Sparren der einen Dachhälfte lassen den Raum zusätzlich hell und großzügig wirken.
Gleichzeitig entsteht so ein deutlicher Kontrast zwischen dem alten Haus – das durch den ebenfalls weißen Anstrich an den Außenseiten fast entmaterialisiert wirkt – und den neuen Wohneinheiten, die als Materialcollage daherkommen. Drei Module bilden im Erdgeschoss den Fußabdruck der Ergänzungen. Jeweils zwei Wandscheiben in Verlängerung der Bestandaußenkanten definieren dabei die Grundfläche einer Einheit. Da sich das Obergeschoss über die gesamte Fläche um das ursprüngliche Haus erstreckt, ergeben sich in den Ecken große überdachte Terrassen. Sie werden mit je zwei massiven Rundstützen abgefangen. Die Erschließung funktioniert über den schmalen Spalt zwischen Altem und Neuen.
Sieht man unten rauen Beton und vollflächiges Glas, erhält das Haus oben beinahe ein traditionelles Antlitz. Von Astlöchern durchsetztes Holz wurde mit klassischen Fensterläden sowie roten Stahlelementen und Dachschindeln kombiniert. Runde Blumenbeete an den Füßen der Betonstützen, sichtbare Auflagerdetails, luftballonartige Laternen sowie die rot hervorgehobenen, negativen Eckausbildungen runden die gekonnt eklektische Gestaltung ab. (mh)
Fotos: Séverin Malaud
Zum Thema:
Ein Video, in dem man die Geschwister in einem Durchlauf durch ihr Haus sehen kann, ist unter diesem Vimeo-Link zu finden.
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