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21.03.2016

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Share-Stadt Schwabinger Tor

Max Dudler in München


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Von Daniel Felgendreher

Im Norden Münchens entsteht ein neues Stadtquartier: Das Schwabinger Tor an der Leopoldstraße. Max Dudler realisiert mit einem freistehenden Stein-Hochhaus quasi den Leitbau eines Masterplans, der von 03 Architekten erarbeitet wurde. Er wird im Quartier noch drei weitere Baufelder mit Wohn-und Geschäftsgebäuden füllen. Mit Blick auf das Luftbild des zukünftigen Gebietes glaubt man fast, es seien noch mehr.

Das liegt vermutlich an Dudlers Signature-Fassadengestaltung, in die auch bei diesem Gebäude alle Entwurfsenergien geflossen sind, und die für die restlichen Gebäude Leitcharakter zu haben scheint. Ein Wechselspiel von geraden, feingeschliffenen und abgeschrägten, gröberen Fassadenelementen aus Naturstein generiert die plastische Gestalt eines perforierten massiven Baukörpers – eine Wirkung ähnlich der „Bossierung einer Renaissance­-Fassade“, wie Dudler erklärt. Die Fensterlaibungen sind verblendet, sodass von außen nur Stein und Glas sichtbar sind. Es hat beim Steinmetz-Sohn Dudler Tradition, einen lokalen Stein für seine Fassadenreliefs zu verwenden und damit seine Gebäude im Sinne eines kritischen Regionalismus zu kontextualisieren. Diesmal ist es Travertin: ein feinporiger, beiger Naturstein, der irgendwann einmal in München Verwendung fand und die Farbgestaltung der Leopoldstraße aufnimmt.

Für wen baut Dudler hier? Das Schwabinger Tor ist natürlich kein gewöhnliches Stadtquartier, nein. Der Bauherr bewirbt es mit einem trendigen Alleinstellungsmerkmal: als erste „Share-Stadt“ der Welt. Was das wirklich bedeutet, verschweigt er. Der referenzierte Anglizismus, den wir von der „Sharing-Economy“ kennen – also Ressourcen und Güter zu teilen statt zu besitzen –, evoziert aber unweigerlich Bilder von Technologie-affinen Millennials, die über ihre Smartphone-Apps Bohrmaschinen gegen Altkleider tauschen. Von Penthouse bis „Talent“-Apartment: Gemäß dem Leitspruch „Talente, Teilen, Toleranz“ sollen hier junge, erfolgreiche und am besten kreative Leute wohnen. Sharing? Vor allem Kunst und Kultur. Die einen konsumieren, die anderen produzieren sie.

Man wird das Gefühl nicht los, es konkurrieren hier zwei verschiedene Referenzsysteme: Dudler mit der Renaissance und seinem statischen Stein-Regionalismus, und der Bauherr mit seinen Vorstellungen der Tech-Welt der Millennials im Flux. Hat Dudler eine passende Antwort gefunden? Es bleibt abzuwarten, ob seine rationale, archaische Steinarchitektur und der Lifestyle der hippen Share-Klientel „ein Match“ sind. Oder ob letztendlich doch andere Leute einziehen werden. (df)


Fotos: Stefan Müller
Visualierung: form3d


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Kommentare
...geben nicht die Meinung der Redaktion wieder, sondern ausschließlich die ihrer jeweiligen Verfasserinnen und Verfasser.

5

Maketheworldabetterplace | 24.03.2016 14:51 Uhr

Eindrücke vor Ort

Die architektonische Klasse des Baus kann m. E. kaum jemand in Zweifel ziehen, wer ihn vor Ort besichtigt hat. Die großen Natursteintafeln sind mit geschlossenen 3-mm-Fugen präzise verarbeitet – bis runter zum Sockel. Der Stein wirkt im Münchner Licht freundlich und wertig. Ob es glaubhafte regionale Bezüge gibt, ist für mich persönlich nicht relevant. Allein die nervösen Versprünge der Loggien empfinde auch ich als un-meisterlich.

Die Kritik am Grundriss bezieht sich wohl auf das EG mit seinen Fluchtfluren aus dem zentralen Treppenhaus und den rückwärtigen Fluchtwegen aus den Läden. In den Obergeschossen gibt es am Kern m. E. nicht viel zu rationalisieren. Die Innenraumfotos der Wohnungen zeigen, in welch angenehmes Licht sie getaucht sind und wie gut gesetzt die Wandöffnungen und Ausblicke sind. das ist beileibe nicht selbstverständlich, wie andere aktuelle "Luxus"-Wohnungs-Hochhaus-Projekte zeigen.

Dass der Bau selbst, die Erklärung des Architekten und das Verkaufs-Geklingel des Investors drei grundsätzlich verschiedene Dinge sind, mag ja wohl niemanden überraschen. Ich philosophiere doch nicht über das Großgedruckte auf Keksdosen!

Was ist der Kern der Veranstaltung? Steinerne aber nicht unfreundliche, im wesentlichen gut gegliederte städtische Häuser, die zu einem offenen, städtischen Ensemble gruppiert sind und an diesem Ort ein hochwertiges Angebot an öffentlichen Räumen schaffen. Dazu tragen Läden und Restaurants im Erdgeschoss bei. - Wie kann man sich über diese Nutzungszuordnung ernsthaft beschweren? Wie hoch der Anteil geförderten Wohnens ist, weiß ich nicht, aber es soll ihn nach Aussage des Investors im ganzen Viertel geben. Dass die übrigen Wohnungen eher im Hochpreissegement angesiedelt sind, mag niemanden überraschen. Diese Qualität hat eben ihren Preis. Ich gönne den Mietern und Käufern das Glück, hier für ihr Geld einen echten Gegenwert zu erhalten.

Ich sehe in dem Gebäude und dem ganzen Vorhaben einen hohen städtischen und architektonischen Anspruch, der bei den bisher fertig gestellten Gebäuden eingelöst wurde.

4

maestrow | 22.03.2016 11:49 Uhr

Musterhaus und Leitbau

Zwei Meldungen am gleichen Tag. Ein harmloses Musterhausle in Dämmbeton zahllose Kommentare. Ein "Leitbau" in München, bei dem man schon in der kunstvoll geschönten Ansicht das Gefühl nicht ganz los wird, man leide unter einer (drogenbedingten?) Netzhautstörung mit seinen verschobenen Rasterfassaden. Die langfristigen und zentralen Tendenzen der Stadtentwicklung werden kommentar- und klaglos hingenommen, während die großen Trends kaum zu interessieren scheinen. Dank an Kommentar 1 + 2 und den kritischen Bericht über das Sharing-Geklingel der Investoren.

3

solong | 22.03.2016 11:14 Uhr

...schade...

das "nervöse gezucke" der loggiabereiche ... macht weder sinn ... noch ist es eine bereicherung für das gebäude ... "dudler bleib bei Deinen leisten" ... denn die passen ... in der regel gut ...

2

Aaron Moran | 21.03.2016 17:37 Uhr

Renaissance?

Lässige Aussagen um das Haus von Herrn Dudler in dem neusten Bezirk in Norden Münchens zu beschreiben. So eine glatte Lochfassade mit leicht schrägen Kanten trifft weder, auch nicht metaphorisch gesehen, auf die kompositive Elemente noch die Materialität von der Renaissance zu. Vielleicht erwähnt man dazu, dass eine Bossierung in der Epoche der gotischen Architektur häufig umgesetzt wurde und von der Renaissance geerbt war. Regionale Materialen zu nutzen um Regional genannt zu werden ist das gleiche, wie sich Organisch mit einem Grundriss, der Segmente einer Kurve oder Kreise darstellt, zu nennen.
Das Gebäude kann auch in Shanghai stehen. Eine Bindung zu München sieht man kaum, auch wenn die Steinplatten der Fassade aus der Region stammen. Leider werden die anderen Häuser im Bezirk eine ähnliche Sprache widerspiegeln. Kritisch sind die sehr geizige urbane Geste der Stadt und den Bürgern gegenüber. Ein Resultat der Anordnung dieser Häuser folgt auch einer typischen Money Making Machine Planung: Geschäfte im EG und irgendetwas in den oberen Geschossen. Verfolgen wir heute nur Geld oder kann man gute Geste und Treffpunkte für die Bürger in der Stadt noch schaffen?

1

a_C | 21.03.2016 16:23 Uhr

Der Dudler-Look...

Da kann man nur hoffen, dass dieses Haus nicht (!) als Leitbau für den Rest des Quartiers fungieren wird. Und zwar nicht, weil die Fassade per se schlecht ist, sondern weil sie in ihrer Erscheinung viel zu hart wirkt - und unerträglich wäre, wenn das Gros der Gebäude dort damit versehen werden würde. Was dem Ort dann blüht, kann man sich am Arnulfpark anschauen: Tristesse und Langeweile.

Und zum Gebäude: Dudler sollte sich mal mit dem Core Design großer Häuser auseinandersetzen - das hier ist alles andere als effizient (eher amateurhaft). Und bevor hier wieder alle schreien, dass es nicht nur um Flächenoptimierung und Rationalsierung gehen kann: Die Quadratmeter, die man hier noch hätte rausholen können, wären u.a. auch den Wohnungen und Büroeinheiten zugute gekommen - und das ist nicht nur im Interesse des Projektentwicklers und Bauherren, sondern auch des späteren Nutzers.

Wer ein weiteres Beispiel dafür braucht, dass für Dudler hier noch viel Luft nach oben ist, sollte sich den Entwurf für das Wohnhochhaus Stiftstraße in Frankfurt anschauen.

 
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