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18.09.2013
Leise, aber niemals minimal
Mathias Klotz im Gespräch - mit Bildstrecke
Meister der Reduktion oder Wiederholungstäter? Die Gebäude von Mathias Klotz sind klar und präzise – eine Ausstellung behauptet nun, dass sie auch poetisch seien. Wir haben den chilenischen Architekten kurz vor der Eröffnung in der Berliner Galerie Aedes getroffen und mit ihm über Holz, Beton und den Minimalismus gesprochen.
Lieben Sie Beton – oder Holz?
Ich finde, jedes Material ist ein gutes Material. In meinen Projekten arbeitete ich mit Baustoffen, die zu dem Ort passen und den natürlichen Bedingungen so gut wie möglich standhalten. Darum verwende ich oft Beton und Holz. Meine Gebäude mag ich besonders gern, wenn sie alt geworden sind. Ich denke in den nächsten zehn Jahren, nicht in den nächsten zehn Tagen.
Was ist das Poetische an einer Kiste?
(lacht) Das müssen Sie Miquel Adriá fragen – er hat die Texte zu meinem Werk geschrieben, nicht ich! Eine Box an sich ist natürlich nicht poetisch. Für mich ist der Kubus eine natürliche und einfache Form – wegen der Konstruktion, aber auch wegen des Raums, den man damit schafft. Um ehrlich zu sein: Ich wüsste nicht, wie ich einen Blob bauen sollte.
Die Reduktion der Form ist also keine Selbstbeschränkung?
Nein! Es geht eigentlich darum, wie man sich wohlfühlt – ähnlich wie bei Schuhen. Wenn ich versuche, mit anderen Geometrien zu arbeiten, stoße ich an meine Grenzen.
Aber Sie haben es versucht?
Mehr als einmal – immer mit wirklich schlechten Ergebnissen (lacht laut). Es ist besser, ich arbeitete so, wie ich es kann und weiß.
Also sind Sie ein Experte für die Kiste?
Nein. Ich konzentriere mich nicht auf das Volumen, sondern entwerfe meine Bauten in Grundriss und Schnitt – also von innen nach außen und nicht umgekehrt.
Wie sieht das perfekte Wohnhaus aus?
Man muss sich darin wirklich wohlfühlen, und es muss flexibel sein. Die Nutzer sind die Protagonisten – nicht die Architektur! Formal sind meine Bauten radikal, aber ihre eigentliche Qualität ist, dass sie versuchen, möglichst simpel zu sein. Meine Gebäude sind still und leise – aber nicht minimal! Den Minimalismus mag ich überhaupt nicht, da ist alles fix, und wenn man nicht das richtige Sofa hat, bricht das gesamte Konzept zusammen.
Entwerfen Sie denn auch die Innenräume?
Ja, aber nur, wenn der Bauherr es auch wirklich wünscht – sonst ist es ein zu großer Kampf. Ich habe schon große Überraschungen erlebt, wie manche ihr Haus am Ende einrichten (lacht laut): The Day After!
Welche Einflüsse waren für Sie als Architekt wichtig?
Ich habe ja zur Zeit der Postmoderne studiert. Unsere Professoren haben Le Corbusiers Unité in Marseille als Albtraum bezeichnet, Mies van de Rohe war ein Teufel und so weiter. Zu dieser Zeit waren etwa 70 Prozent der Architekten in Chile arbeitslos. Die Stimmung war gedrückt, aber zu der Zeit dachte ich noch, ich werde Filmregisseur – also hat mich das nicht gekümmert.
Sie haben deutsche Wurzeln – was ist Ihr Eindruck von Berlin?
Obwohl meine Großeltern Deutsche sind, war ich erst Ende der Achtziger zum ersten Mal in Deutschland. Ich reiste von Prag nach Berlin – zusammen mit einer Gruppe ostdeutscher Medizinstudenten. Mit ihnen habe ich die letzte Woche in der DDR vor dem Fall der Mauer erlebt und gefeiert. Das war mein erster Kontakt mit Deutschland. Seitdem komme ich regelmäßig nach Berlin. Ich finde es beeindruckend, wie eine Stadt innerhalb von nur einem Jahrhundert vier verschiedene Gesellschafts- und Stadtmodelle gebaut hat – wobei jedes einzelne gleichzeitig ein Versuch war, das vorige zu überschreiben. Unglaublich und aufregend. Dass sie hier jetzt aber dieses schreckliche Schloss gegenüber dem Dom bauen wollen, das ist schon mehr als seltsam.
Das Interview führten Jeanette Kunsmann und Stephan Becker. Mathias Klotz' Ausstellung „The Poetics of Boxes“ ist noch bis zum 17. Oktober 2013 in der Galerie Aedes, Christinenstr. 18-19, 10119 Berlin, zu sehen. Die Werkmonographie „30 years in architecture – Mathias Klotz“, herausgegeben von Miquel Adriá, ist im mexikanischen Verlag Arquine erschienen.
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