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13.10.2020

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Implantat auf asymmetrischer Stütze

Martinskirche in Apolda wird soziokulturelles Zentrum


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Die Martinskirche im thüringischen Apolda soll zum soziokulutrellen Zentrum umgebaut werden. Die Pläne dazu kommen von Atelier ST (Leipzig), Sieger eines Verfahrens, das kürzlich entschieden wurde.

Schon lange hatte die Gemeinde die Absicht, die Kirchenräume stärker in das öffentliche Leben einzubinden. Unterstützt durch die Stadt verfolgte sie zunächst die Idee eines Neubaus auf dem Nachbargrundstück der Diakonie für Tagespflege und altengerechtes Wohnen. Das Kirchengebäude sollte derweil zum Sozialkaufhaus umgebaut werden. Während studentische Entwürfe die Potentiale ausloteten, begann auch die Kandidatur als Projekt der IBA Thüringen. Die Pläne scheiterten aus wirtschaftlichen und logistischen Gründen, der Förderzeitraum war abgelaufen, der geplante Realisierungswettbewerb obsolet. Doch die Evangelische Kirche in Mitteldeutschland (EKM) als übergeordnete Trägerin gab nicht auf. 2019 entschied sie, das Kirchgebäude zum soziokulturellen Zentrum umbauen zu lassen.

Auf der Suche nach Architekt*innen für den Umbau hat die EKM in Kooperation mit der IBA Thüringen und unter Betreuung des Büros PAD (Weimar) ein nicht anonymes Verfahren als Mehrfachbeauftragung durchgeführt – eine Wettbewerbsform, die von einigen durchaus kritisiert werden dürfte. Die Teilnehmer sollten ein Planungskonzept für den Innenraum der Kirche einreichen und dabei die Verbindung mit der Diakonie und dem Freiraum mitdenken. Ende September präsentierten die Büros ihre Vorschläge dem 12-köpfigen Gremium der Auswahlsitzung. Diesem gehörten Verteter der Stadt, der IBA Thüringen, der EKM, die Architektin Barbara Holzer und der Architekt Gerd Zimmermann an.


Atelier ST möchten den Kirchenraum von den Emporen befreien und ein scheinbar schwebendes Implantat einsetzen. Dadurch würde im Erdgeschoss ein Raum entstehen, der für Veranstaltungen nutzbar ist. Im zweigeschossigen Körper darüber sind Gruppen- und Büroräume angeordnet. Dieser ruht unter anderem auf einer asymmetrisch im Raum stehenden Stütze, die den Boden nur minimal berührt. Das Fach- und Auswahlgremium würdigte die herausragende räumliche, atmosphärische und symbolische Qualität des Entwurfs. Die Belange des Zentrums seien in diesem Projekt ebenso abgebildet wie die Erfordernisse der Kirchgemeinde. „Der karge Kirchenraum bleibt erlebbar, gewinnt aber durch das eingesetzte Volumen eine einzigartige und dramatische Qualität, die durch die Führung des Lichts noch einmal unterstrichen wird.“, heißt es in der Begründung. Für die Umsetzung ist Eile geboten. Die Fördermittel von der Stadt Apolda und der IBA Thüringen müssen bis Ende 2023 abgerufen sein.

Damit ist die Martinskirche ein weiteres Beispiel für die Umnutzung von Kirchen, deren Gemeinden den Kirchenraum immer weniger mit Leben zu füllen vermögen. Mit ihrem Ideenaufruf „STADTLAND:Kirche. Querdenker für Thüringen 2017“ hatte die IBA Thüringen neue Ideen für Kirchen in Thüringen gesucht. Daraus war unter anderem das Projekt Her(r)bergskirche entstanden. Und für die St. Annen-Kapelle in Krobitz hat der Künstler Olaf Nicolai eine äußerst ungewöhnliche Flammenorgel eingebaut. Beide Projekte zeigen, wie eine kreative Nutzung von Kirchenräumen aussehen kann. (fm)


Zum Thema:

www.iba-thueringen.de


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Kommentare
...geben nicht die Meinung der Redaktion wieder, sondern ausschließlich die ihrer jeweiligen Verfasserinnen und Verfasser.

11

N..N. | 16.10.2020 14:59 Uhr

Eine Frage...

Wieso werden nicht, wie sonst üblich, die anderen Beiträge der weiteren Teilnehmer gezeigt? Es wäre interessant zu sehen welche Ansätze es noch gegeben hat. Das macht leider irgendwie misstrauisch das kein transparenter Dialog möglich sein soll. Insbesondere bei so einem Verfahren.

10

R. Zimmermann wundert sich über | 14.10.2020 18:37 Uhr

ein Implatat im Kirchenraum

Die Bilder nr. 2 und nr. 9 beweisen doch schon geradezu, dass das Konzept nicht funktioniert. Die Ansätze von steph und peter wären allemal einen (oder zwei) Versuch(e) wert. Das ureigene des Kirchenraumes zu verbauen war noch nie eine gute Idee. Und nein, eine Stütze, die ihren lastabtrag verweigert auch nicht.

9

STPH | 14.10.2020 13:05 Uhr

Dominikus Böhm


ich möchte an Kirchenräume von Dominikus Böhm erinnern, was hier eine mittige Längsteilung bedeuten würde, mit abgezogenem Dachgeschoß und halbseitigem Zwischengeschoß. Der untere Saal dadurch mit verspringender Decke und einseitiger großer Belichtung.
Das ganze statisch mit durchlaufend schwebender Fachwerkträgerwand mittig, alles in Leichtbau reversibel.

Die Längsteilung mit einem Seitenschiffteilraum ist seine Art von moderner Vollständigkeit.

8

202010141135 | 14.10.2020 11:35 Uhr

Call me kleinlich...

...aber ist es nicht so, dass das hier gerade keine Säule ist, sondern eben "nur" eine Stütze in Form eines Pfeilers, Jonny?
-
Abgesehen davon erinnert mich dieses Ding auch sehr an das Parlamentsvordach in plumperer Form. Beim Rest kann ich mich den Vorrednern nur anschließen. Die Kollegen müssen sich wohl die Frage gefallen lassen, worin dieser Formalismussalat begründet ist. Hoffentlich fällt ihnen daraufhin was besseres ein als dass hier die segmentbogigen Türen zitiert wurden.

7

KrinkX | 14.10.2020 10:12 Uhr

Wichtiger Beitrag

Ein polarisierender und deshalb wichtiger Beitrag in der aktuellen Frage um die Nachnutzung leerstehender sakraler Bauten.
Möchten wir diese Räume in Zukunft leer stehen lassen und vor Ehrfurcht erstarren? Dieser Entwurf tut genau das nicht. Er nimmt sich dem Raum an und schafft eine unglaublich starke, neue Armosphäre.

6

jonny | 13.10.2020 23:32 Uhr

eklektizismus

...ich habe das projekt jetzt schon öfter gesehen und muss bei der säule (ist ja keine stütze) jedes mal an valerio olgiatis eingangsbauwerk in chur denken?! für mich folgt der entwurf keinem narrativ sondern ist ein konglomerat aus einzelzitaten die aus einer bereits etablieren ästetik schöpfen.

5

i bims 1 architect | 13.10.2020 22:31 Uhr

naja

immer das gleiche mit diesen ausgedienten kirchen - räumlich unbefriedigende einbauten in sanierungsbedürftigen hüllen. warum nicht direkt und konsequent einem "recycling total" zuführen, siehe meldungen vom 07.10.?

4

Martin | 13.10.2020 20:17 Uhr

geht mir nicht so

...mich überzeugt der neue Raum.

3

Dr. Yikes | 13.10.2020 19:23 Uhr

Grotesk

Der ganze Wahnsinn der hiesigen Architektur-"Kultur": nicht nur baut man keine repräsentativen, großzügigen und inspirierenden Volumina mehr, nein, man baut die großartigen Raumschöpfungen der Vergangenheit auch noch zu.

2

peter | 13.10.2020 16:34 Uhr

geht mir genau wie tonitek

eine kirche dieser altersklasse verhunzt man nicht mit einem derartig brutalen einbau - das sollte einem bei aller selbstverliebtheit und zeitgeistigkeit der respekt vor der vorigen nutzung des raumes und der handwerklichen und kulturellen leistung unserer vorfahren gebieten. leicht, nachhaltig, reversibel - schon eher. aber so ein betonmonster wirkt auf mich kultur- und pietätlos. hoch unwirtschaftlich dürfte es zudem sein. das kirchengebäude abzureißen oder verrotten zu lassen wäre ehrlicher.

nebenan auf der wiese scheint ja genug platz zu sein. warum nicht dorthin mit dem neubau?

1

Toni Tek | 13.10.2020 15:55 Uhr

zwar verständlich,...

...dass man die Räume besser nutzen möchte. Aber trotzdem schade um den Raum - und so gut wie irreversibel. Trostlose Spachtelage mit neckisch abgestützem Sichtbetonsarg im Kirchenschiff - Jahre später wird man die Verhunzung der Kirche bereuen.
Hübsch: der Kerzenhalter im Vordergrund. Bleibt also immerhin feierlich in St. Martin...

 
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Martinskirche Apolda, 2020

Martinskirche Apolda, 2020

Umbau Martinskirche Apolda, Visualisierung von Atelier ST (Leipzig)

Umbau Martinskirche Apolda, Visualisierung von Atelier ST (Leipzig)

Lageplan, Umbau Martinskirche Apolda, Visualisierung von Atelier ST (Leipzig)

Lageplan, Umbau Martinskirche Apolda, Visualisierung von Atelier ST (Leipzig)

Grundriss Erdgeschoss, Umbau Martinskirche Apolda, Visualisierung von Atelier ST (Leipzig)

Grundriss Erdgeschoss, Umbau Martinskirche Apolda, Visualisierung von Atelier ST (Leipzig)

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