Das norwegische Büro Snøhetta (Oslo/New York) kennt man als Entwerfer starker formaler Gesten, die sich selbstbewusst in die (Stadt-)Landschaft einschreiben. Wer gut in spektakulären Landmarken ist, der macht sich leicht verdächtig, den viel zitierten menschlichen Maßstab und die sozialen Aspekte des gebauten Raums aus den Augen zu verlieren.
Mit ihrem im November letzten Jahres fertiggestellten Projekt eines Fischmarkts im Sultanat Oman beweisen die Norweger ganz aktuell, dass sie eine ausdrucksstarke architektonische Form und das kleinteilige, robuste Geschehen eines lokalen Fischmarkts souverän zusammenbringen können. Der Bau geht auf einen Direktauftrag von der Stadtverwaltung in Matrah zurück.
Der Neubau für den bekannten Fischmarkt Matrahs – ein Vorort der omanischen Hauptstadt Maskat – entstand neben dem Altbau von 1960. Das neue Haus orientiert sich nicht nur an dem traditionell wichtigen Fischhandel. Da der Markt auch als touristische Attraktion gilt, findet sich relativ viel internationales Publikum dort ein. Dass hier global agierende Architekten bauen und das Hafenszenario der Corniche mit einem schwungvollen Dach neu akzentuieren konnten, hat sicherlich auch damit zu tun.
Das Dach überspannt zwei vergleichsweise simple Baukörper, in denen der Fischmarkt für über 100 Händler sowie ein neuer Gemüsemarkt untergebracht sind. Außerdem gibt es ein Restaurant und ein Café. Eine ursprünglich geplante Touristeninformation wurde im Verlauf des Planungsprozesses gestrichen. Breite Treppen führen auf den Dachbereich, der als Terrasse ausgebildet wurde, die einerseits durch die Lamellen der Dachkonstruktion aus Aluminium verschattet wird, anderseits guten Ausblick auf die direkt angrenzende Bucht bietet. Ein offener Durchgang zwischen den beiden Markthallen verbindet Straßenraum und Wasser zusätzlich.
An den dunklen Toren tauchen arabische Ornamente auf. Ansonsten hielten sich die Architekten mit einer direkten Übernahme regionaler Formen zurück. Das Muster unterschiedlicher Öffnungen an der Fassade zum Wasser darf in diesem Sinn als abstrakte Auseinandersetzung mit arabischen Bautraditionen gelten.
Die Fotos des täglichen Marktgeschehens vermitteln den Eindruck, dass die Architekten nicht zu viel versprechen, wenn sie von einem neuen „Zentrum für die lokale Gemeinschaft“ sprechen, das hier entstand. Denn das Haus zeigt sich nicht als fremder europäischer Design-Import, sondern als ein gelebtes Stück Stadt, das von den Menschen vor Ort scheinbar sofort gut angenommen wurde. (gh)
Fotos: Firas Al Raisi, Luminosity Productions
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