Die Geschichte beginnt mit: Nichts. Einer staubigen, lauten Brache. „Ich liebe diesen Ort, weil hier nichts war. Es sah schrecklich aus, eine No-Go-Area“, wird Martin Barry in der New York Times zitiert. „Die erste Idee war, das zu ändern, damit Menschen an diesen Ort kommen, an den sie normalerweise nicht gehen würden. Die zweite Idee war, etwas mit Essen und Kultur zu machen.“ Gesagt, getan? Nicht ganz, erstmal wurde sein Konzept lange Zeit als verrückt abgetan.
Martin Barry, ein in Prag lebender Landschaftsarchitekt aus New York, ist eigentlich für andere Projekte bekannt: Als Gründer und Chef von reSITE, jener renommierten Plattform, die sich mit Konferenzen und Veranstaltungen zu Themen rund um Architektur und Urbanismus einen Namen gemacht hat. Temporäre Events, weit weg von dauerhaften Orten oder gar Architektur. Das sollte sich in diesem Sommer ändern.
Innerhalb von nur neun Tagen entstand mitten in der Prager Innenstadt auf einer brachliegenden Fläche, die von einer vielbefahrenen Hauptstraße gequert wird, ein Marktplatz. Manifesto Market heißt das Projekt, errichtet aus 27 Schiffscontainern. Neben Spezialitäten aus der ganzen Welt – unter anderem von tschechischen Kleinbrauereien – gibt es Filmabende und Partys, Weinverkostungen, Pop-up-Stores und Kulturveranstaltungen, kuratiert von einem lokalen Kulturzentrum. 150 Arbeitsplätze wurden geschaffen, Menschen aus 30 verschiedenen Nationalitäten arbeiten hier. Tausende Besucher kamen diesen Sommer.
Der Entwurf stammt von drei jungen Architektinnen: Nikola Karabcová und Lucie Červená gingen als Siegerinnen aus einem studentischen Wettbewerb hervor, Elvira Islas aus dem reSITE-Team kam unterstützend hinzu. Sie planten einen von der städtischen Morphologie des alten Prags inspirierten Ort, eine temporäre Mini-Stadt aus speziell angefertigten Containern. Außerdem gibt es acht rechteckige Stahlrahmen, die visuelle Statements in der Höhe setzen sollen. Zwischen den Containern dominieren monolithische Holztische, ergänzt um Stahlhocker zwischen Lavendel und Salbei, die gerade so bequem sind, dass die Gäste in Bewegung bleiben, wie es in der Projektbeschreibung heißt.
Der Look: minimalistisch reduziert. „Ich musste Geschäftsinhaber, Sponsoren, kommerzielle Partner und Mieter davon überzeugen, dass ein minimalistischer Ansatz in Bezug auf Branding, Design und Werbung einem besseren Geschäft für alle gleichkommt“, so Barry, der nicht nur als Ideengeber und Konzeptentwickler, sondern auch als Leiter des Entwurfsteams und Investor hinter dem als kollaborativ angepriesenen Projekt steht. Dank einer Partnerschaft mit Mastercard funktioniert der Markt zudem bargeldlos.
Damit will der Manifesto Markt ein provokanter und kühner Blick in die Zukunft sein. Die Mission: Eine innovative Nutzung des Prager Stadtbildes voranzutreiben und gleichzeitig die Sinne zu stimulieren. Die ehemalige Brache ist übrigens gepachtet. Von der deutschen Penta Real Estate, die auch in Berlin, Brandenburg und an der Ostsee Bauprojekte entwickelt. Der Markt wird bis Weihnachten geöffnet sein um dann im Frühling wieder zu starten. Nach circa zwei Jahren wird jedoch vermutlich Schluss sein, da das Gelände dann mit einem Projekt von Zaha Hadid Architects überbaut wird. Die Initiatoren suchen bereits nach neuen Standorten. Nicht nur in Prag, sondern auch in Lissabon. (kat)
Fotos: Jakub Cervenka, Alexandra Siebenthal
Zum Thema:
www.manifesto.city
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