Am morgigen 1. April wird der Tessiner Architekt Mario Botta 80 Jahre alt. Aus diesem Anlass hat uns sein Büro eine Bildauswahl von Bauten geschickt, die mit dem Namen Botta untrennbar verbunden sind. Darunter sind die Kirchen San Giovanni Battista in Mogno, Santo Volto in Turin, San Rocco in Sambuceto und die Kathedrale der Auferstehung im französischen Évry.
Auch Museen sind wichtig im Œuvre Bottas: das MART in Rovereto, das Museum Bechtler in Charlotte (North Carolina) und vor allem das ikonische MoMA in San Francisco, das vor einigen Jahren von Snøhetta erweitert wurde. Es sind Gebäude, die allesamt eine gewaltige Präsenz entfalten.
Als wir Mario Botta vor fünf Jahren, kurz vor seinem 75. Geburtstag zum Interview trafen und mit ihm durch Berlin fuhren, betonte er, dass die Globalisierung der Stadt schade. Den Wiederaufbau des Schlosses hielt er für einen Fehler. Architektur dürfe nicht wie ein Bühnenbild gemacht werden. Die einstmals große europäische Hauptstadt sei für ihn ein Spiegel der Fragilität der westlichen Welt. Der architektonische Ausdruck der vielen Kulturen, die es in Berlin gibt, erscheine ihm nur als temporäre Kulisse.
Mit Blick auf das eigene Schaffen erklärte er, warum er sich immer dagegen gewehrt hat, als Architekt der Postmoderne bezeichnet zu werden. Für ihn ist der Begriff eine amerikanische Erfindung, die Stile mit Geschichte verwechselt. Er beschrieb ausführlich, was die „wahre“ Tessiner Schule ausmachte, zu der er neben den bereits verstorbenen Architekten Aurelio Galfetti, Livio Vacchini und Luigi Snozzi als jüngster Vertreter gezählt wird.
Kurz nach unserem Interview wurde Bottas Neubau für die Architekturakademie in Mendrisio eröffnet, die er 1990 als erste italienischsprachige Architekturschule in der Schweiz mitgründet und zusammen mit Galfetti geformt hatte – ein Theater der Architektur. Seitdem sind weitere Bauten seines Büros fertig geworden, darunter erst kürzlich die Therme Fortyseven in Baden. Noch immer ist Botta täglich aktiv im Büro, heißt es aus dem Büro in Mendrisio, das inzwischen auch von seinen drei Kindern Giuditta, Tobia und Tommaso mitgetragen wird. (fm)
Fotos: Pino Musi, Enrico Cano, Pietro Savorelli, Joel Lassiter, Fu Xing, Kim Kyudong
Zum Thema:
Mehr zur den „Public Lectures“ an der von Botta gegründeten Accademia di archittetura bei baunetz CAMPUS
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Eurospider | 02.04.2023 04:23 UhrBotta postmodern
Unter den Protagonisten der "Tessiner Schule" (warum wird Flora Ruchat-Roncati als Frau dort nie genannt?) ist Botta der jüngste. Und der modischste. Natürlich hat er eine postmoderne Signature architecture erfunden, mit seinen Betonstein-Streifenfassaden und seinen eingeschnittenen stereometrischen Volumina. Und seinen Kaffeekannen. Botta mag der weltweit bekannteste und populärste Tessiner sein, aber an die unerbittliche intellektuelle Stringenz (und vielsprachigen Humor) eines Luigi Snozzi reicht er nicht ansatzweise heran.