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13.12.2017
Quader in der Quadratestadt
Mannheims neue Kunsthalle von gmp
Von Annika Wind
In Mannheim ist man das Leben in Quadraten gewohnt. Vor mehr als 400 Jahren legte Kurfürst Carl Theodor eine Planstadt an. In dieser Woche kommt zu der barocken Struktur nun noch ein Museumsbau aus Quadern hinzu: Denn Gerkan, Marg und Partner haben für den Erweiterungstrakt der Kunsthalle, der am Wochenende erstmals für den Publikumsverkehr geöffnet wird, eine „Stadt in der Stadt“ entwickelt. Angelehnt an die Quadrate und daher mit sieben verschieden großen Kuben ausgestattet, die über Stege und Emporen erschlossen und von einem Bronzenetz außen zu einem riegelartigen Ganzen verbunden werden.
Gerade das ist das Problem. Denn der derzeit größte Museumsneubau in Deutschland liegt in einer der schönsten Jugendstilanlagen Europas. Dafür korrespondiert er mit den benachbarten Arkadengängen und dem Wasserturm mitsamt Parkanlage wenig: Das transparente, verschieden stark ausgeprägte Außengewebe aus Edelstahldrähten, Röhren und Drahtkettseil - gmp nennen es „Mesh“ - erzeugt eine merkwürdige Diskrepanz zwischen Offen- und Geschlossenheit.
Das Museum sprengt nicht die Ästhetik des Platzes, duckt sich nicht weg wie der einstige Vorgängerbau aus Sandstein, aber bleibt nun mal, was es ist: ein etwas autistisch wirkender Block, vor allem, wenn das Netz die Sonne reflektiert. Bei Nacht allerdings gibt die Kunsthalle reizvolle Einblicke in ihre kluge Gliederung – wenn ihre Räume beleuchtet sind. Problematisch ist auch, dass der „Quader aus Quadern“ nah an der (vielbefahrenen) Straße des Friedrichplatzes liegt. Ein Manko, das man durch eine Erweiterung des öffentlichen Raums bis in die Kunsthalle selbst lösen will: Der Zugang in das großartige, 22 Meter hohe und 800 Quadratmeter große „Lichtatrium“ als Entree und zu einem Projektraum für junge Künstler bleibt frei. Nur wer die Sammlung und Sonderausstellungen sehen will, zahlt ein Ticket.
Außen ist der Entwurf von Nikolaus Goetze also nicht ganz unproblematisch, innen aber ein großer Wurf: Er hat den neun weißen Kuben ihre klare Wirkung gelassen, gibt dem ersten großen gmp-Museum durch Passagen, Brücken und zwei Terrassen immer wieder schöne Zugänge, Raumeindrücke und Blickachsen in die Stadt oder auf den historischen Billing-Bau, einer Ikone des Jugendstils. Mit 5700 Quadratmetern Ausstellungsfläche gewann das Museum etwa 1000 dazu.
Ermöglicht hatte das 68,3 Millionen Euro teure Projekt vor allem eine 50-Millionen-Euro-Spende des SAP-Mitbegründers Hans-Werner Hector. Er finanzierte sozusagen einen Maßanzug für die auf Skulpturen fokussierte Sammlung mit: 290 bis 450 Quadratmeter groß sind die jeweiligen Ausstellungsräume, die mal fensterlos und flexibel unterteilbar für Gemälde und Sonderausstellungen sind. Dann wiederum durch raumhohe Fenster lichtdurchflutet, um Spitzenwerken von Rodin oder Lehmbruck eine große Bühne zu geben.
Hinzu kommen ein Schaudepot, Teile der größten privaten Anselm-Kiefer-Sammlung Deutschlands, ortsspezifische Arbeiten wie etwa ein riesiges kreisendes Pendel von Alicja Kwade im Atrium oder einen Raum, den William Kentridge eingerichtet hat – unter anderem mit Fundstücken von der Baustelle. Zudem wird im Juni, wenn neben der Sammlung dann auch eine Jeff-Wall-Schau zu sehen ist, ein Licht-Tunnel von James Turrell zugänglich gemacht. Ein „Transformationsflur“, der Alt- und Neubau miteinander verbindet.
Termin: Tage der offenen Tür am Freitag, 15. Dezember 2017 (18 bis 24 Uhr), Samstag, 16. Dezember 2017 (10 bis 22 Uhr), Sonntag, 17. Dezember 2017 (10 bis 19 Uhr)
Ort: Kunsthalle Mannheim, Friedrichsplatz 4, 68165 Mannheim
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Zu den Baunetz Architekt*innen:
gmp · Architekten von Gerkan, Marg und Partner
Kommentare:
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Wenn die Sonne sanft und seitlich auf den Friedrichsplatz scheint, wird auch die kluge Gliederung der Mannheimer Kunsthalle sichtbar. Problematisch wirkt sie, wenn die Außenhaut das Licht reflektiert.
Liegt an einer der schönsten und größten Jugendstilanlagen Europas: der Kunsthallen-Neubau von gmp.
Blick vom Neubau aus im ersten OG auf den Jugendstil-Trakt der Kunsthalle. Den Übergang dorthin wird James Turrell bis zum Sommer mit einem „Lichttunnel“ inszenieren.
Der Blick in das „Lichtatrium“, über das die verschiedenen Ausstellungskuben erschlossen werden.
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