Seit einigen Ausgaben konzentriert sich die Manifesta verstärkt auf ihren langfristigen zivilgesellschaftlichen Beitrag für den Ort, an dem sie stattfindet. Im Juli eröffnet die europäische Wanderbiennale im kosovarischen Pristina und damit in einem Land, das aufgrund geografischer Lage und jüngerer Geschichte beispielhaft ist für die aktuellen Herausforderungen des europäischen Kontinents. Jetzt haben Generaldirektorin Hedwig Fijen und künstlerische Leiterin Catherine Nichols die Teilnehmer*innen – von denen die Hälfte aus dem Kosovo stammt – und das vorläufige Programm vorgestellt.
Unter dem Titel „it matters what worlds world worlds: how to tell stories otherwise“ liegt der Schwerpunkt des Programms auf der Kraft kollektiver Erzählungen als Grundlage gesellschaftlichen Wandels. Dreh- und Angelpunkt ist das neu gegründete, auf Dauer angelegte Centre for Narrative Practice in der früheren Hivzi Sylejmani-Bibliothek. Was abstrakt klingt, ist in enger Zusammenarbeit mit lokalen Gruppen und Initiativen als offener Ort der Zusammenkunft insbesondere für die Menschen Pristinas konzipiert. Hier sollen Podcasts entstehen, archivarische Projekte ihren Raum finden, Oral History gesammelt werden – oder auch einfach nur gegärtnert werden. Natürlich sind auch Performances und mehrere künstlerische Interventionen geplant.
Neben gemeinschaftsorientierten Projekten und der eigentlichen Kunst geht es bei jeder Ausgabe der Manifesta aber auch um die Stadt selbst. Mit der Beauftragung von Büros wie OMA oder – in diesem Jahr – Carlo Ratti Associati zusammen mit dem MIT Senseable City Lab und Studio L A wird dieser Aspekt seit der Ausgabe in Palermo im Jahr 2018 bewusst gestärkt. Ziel ist die Erarbeitung einer urbanistischen Vision über das bloße Kunstevent hinaus. In Pristina geht es um die Stärkung des öffentlichen Raums, wobei hierzu auch Gebäude wie der Jugendpalast, das frühere Grand Hotel im Stadtzentrum oder eine ehemalige Backsteinfabrik in einem Vorort zählen. Letztere wird von raumlaborberlin in eine Art Öko-Lernzentrum verwandelt. Insgesamt 22 über das Stadtgebiet verteilte Orte laden zur Erkundung ein. (sb)