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12.05.2017

Bauen für das Wir-Gefühl

„Maison de l’Histoire européenne“ in Brüssel eröffnet


Es ist ein denkbar passender Zeitpunkt für die Eröffnung eines Museums, das die Geschichte Europas seit dem 20. Jahrhundert – Krieg, Zerstörung, kulturelle Integration und Union – anhand von Artefakten in Dauer- und Wechselausstellungen erlebbar machen will. Eine gemeinsame europäische Erinnerungskultur will gefördert werden.
 
Als die Arbeitsgemeinschaft aus JSWD Architekten (Köln) und Chaix & Morel et Associés (Paris) im Juni 2011 den Realisierungswettbewerb für das „Haus der Europäischen Geschichte“ im europäischen Viertel in Brüssel gewann, schien die gegenwärtige Krise europäischer Identität noch weit entfernt.

Seit den 1990er Jahren gab es mehrere Anläufe für eine Konzeption des Museums, doch alle scheiterten an Streitigkeiten über den genauen Zeitstrahl. Begann die Geschichte Europas mit der Antike in Athen oder mit Karl dem Großen? Das gegenwärtige Konzept, welches die slowenische Historikerin und Kuratorin der neuen Institution Taja Vovk van Gaal, kurz nach der Bekanntgabe der Ergebnisse des Architekturwettbewerbes erläuterte, setzt den Startpunkt im 20. Jahrhundert – und den Fokus auf die europäische Integration, auf europäische Gemeinsamkeiten und kollektive Errungenschaften.
 
Um den Ort für das europäische Wir-Gefühl gab es hingegen keine Querelen: die ehemalige Zahnklinik im Brüsseler Leopold Park hatte das Europäische Parlament bereits seit den 1980er Jahren gemietet. Der Wettbewerb sah vor, den von Michel Polak in den 1930er Jahren im belgischen Art Déco-Stil errichteten Bau zu sanieren und zeitgemäß zu erweitern. Die Architekten ergänzten die Zahnklinik um einen gläsernen Kubus, mit dem sie den Innenhof des Bestandsgebäudes auffüllten und ihm drei Etagen aufsetzten. Die verschiedenen Funktionen – Empfang, Auditorium, Dauerausstellung und Wechselausstellung, Verwaltung – sind um ein Atrium im Zentrum des Kubus herum organsiert und werden über Freitreppen erschlossen. In der gläsernen Hülle des Kubus, die mit weißen Linien bedruckt ist, sind verschiedene Volumen platziert, deren asymmetrische Anordnung mit der symmetrischen Grundriss-und Fassadenordnung der Zahnklinik bricht.
 
Erkenntnisse über die Vergangenheit sind Voraussetzung für ein Verständnis der Gegenwart und ein Handeln in der Zukunft – gemäß dieser einfachen Formel wird das Haus der Europäischen Geschichte auch aktuelle Debatten über die gegenwärtige Europaskepsis führen müssen. Die inhaltliche Aufdatierung der Institution wird sicher auch immer wieder räumliche Anpassungen nach sich ziehen. (df)

Fotos: Didier Boy de la Tour, Christian Fabris, Christa Lachenmaier, Christian Richters


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Zu den Baunetz Architekt*innen:

JSWD Architekten
Atelier d’architecture Chaix & Morel et associés


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