Schon seit Jahren bemüht sich die Berliner Kunsthochschule Weißensee unter Leitung von Leonie Baumann um mehr Platz im Umfeld seines Hauptstandorts in der Bühringstraße. Nun kommt Bewegung in die Sache, denn Ende August wurde der Gewinnerentwurf eines kooperativen Werkstattverfahrens gekürt: Das Projekt von MLA+ (u.a. Berlin) und Lohrengel Landschaft (Berlin) soll weiterbearbeitet und in einen Bebauungsplan überführt werden. Das Vorhaben sieht unter dem Titel „Wissenschafts- und Kreativstandort Campus Weißensee“ die Expansion der Kunsthochschule auf das Gelände einer im Norden angrenzenden Kleingartensiedlung vor. Unter Koordination der Senatsverwaltung hatten auch Heide & von Beckerath (Berlin) mit Miething Architecte de Paysages (Paris) und ISSS (Berlin) mit Octagon Architekturkollektiv (Leipzig) an dem Auswahlprozess mit vorgeschaltetem Teilnahmewettbewerb partizipiert. Eine Bürgerbeteiligung im Nachgang des Zwischenkolloquiums fand coronabedingt online statt.
Der neue Campus Weißensee soll neben deutlich mehr Platz für die Lehre und Forschung außerdem Atelierwohnungen für Studierende, Atelier- und Arbeitsräume für Künstler und Designer*innen, gastronomische Angebote, soziokulturelle Einrichtungen – eine Kita beispielsweise – sowie Flächen für gewerbliche Kreativnutzungen umfassen. Bewusst will man hier also keine Monokultur befördern, sondern ein vielseitiges, rund um die Uhr genutztes kleines Quartier anlegen. Auf Grundlage der Machbarkeitsstudie wird im nächsten Schritt ein Bebauungsplan erarbeitet. Insgesamt geht es um eine Nutzfläche von 8 bis 10.000 Quadratmetern, von denen knapp die Hälfte auf die Kunsthochschule entfallen. Für die zu weichenden 37 Parzellen der Kleingartenanlage soll an anderer Stelle Ersatz gefunden werden.
Der Gewinnerentwurf von MLA+ und Lohrengel organisiert die Campuserweiterung mit Hilfe eines zentralen Platzes, der laut Jury über eine landschaftliche ebenso wie über eine städtische Seite verfügt. Das Team unterteilt das Gelände mittels einer breiten Durchwegung in vier dicht bebaute Quadranten. Drei dieser vier Quadranten sind für gemischte Nutzungen vorgesehen. Insbesondere das Verhältnis der Baumassen zu den offenen Bereichen – etwa den Höfen – muss nach Meinung der Jury allerdings noch mal deutlich überarbeitet werden. Der gehörten neben Susanne Walter von der Senatsverwaltung unter anderem auch Julia Tophof von Hemprich Tophof und Mario Abel von yellow z an.
Im Gegensatz zum formal recht geschlossenen Gewinnerentwurf zeigen die anderen beiden Projekte mehr städtebauliche und typologische Varianz. Heide & von Beckerath und Miething projektieren eine Apfelplantage, die von länglichen Volumen gesäumt wird. Der Jury gefiel die „radikale und gleichzeitig sensible Ausformulierung“ des Projekts gut, allerdings wurde in Frage gestellt, ob es sich mit den Instrumenten eines Bebauungsplans tatsächlich umsetzen ließe. Das dritte Projekt von ISSS mit Octagon sieht ein Forum zwischen Bestand und Erweiterung vor und versucht sich an einer typologischen Fortschreibung der umliegenden Bebauung. Dies wurde von der Jury jedoch aufgrund der Indifferenz gegenüber spezifischen Nutzungen als problematisch angesehen.
Mit Abschuss des Werkstattverfahrens ist nun ein erster Schritt in Richtung Campus Weißensee gemacht. Als nächstes folgen eine Überarbeitung des Entwurfs und schließlich – im Rahmen des anschließenden Bebauungsplanverfahrens – weitere Beteiligungsmöglichkeiten für die Nachbarschaft. Außerdem ist ein Konzeptverfahren geplant, mit dem Investoren und Betreiber für die ergänzenden Programme gefunden werden sollen. (sb)
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auch ein | 26.10.2020 09:42 Uhrarchitekt
also die wettbewerbsrenderings werden immer schlimmer!
vor einiger zeit gabs müde neblige schimmernde grossbauten . das war recht trist.
aber diese quietsch-grafik mit abstürzenden zeppelinen und als wichtigstem element ein schachbrett-fussboden ist auch nicht besser....
vielleicht müsste man wieder mal mehr auf den inhalt achten.
leider gerieten viele wettbewerbe aber zu reinen fassaden-shows, wie soll man sich da abheben ?