Die 90er Jahre-Idee des Stadtparks sei zu begrenzt, dringend würden neue Visionen für grüne Oasen im urbanen Raum benötigt, so lautet Winy Maas' Einleitung für ein neues Projekt seines Büros MVRDV (Rotterdam). Deren Green Villa befindet sich derzeit in Planung und ist die zweite Zusammenarbeit im niederländischen Örtchen Sint-Michielsgestel mit dem lokal ansässigen Büro Van Boven Architecten. Selbstbewusst will die Villa Antworten geben, und zwar gleich auf eine ganze Reihe von Problemen aus der Umwelt- und Nachhaltigkeitssparte. Das architektonische Mittel dazu: Fassadenbegrünung. Das Thema bewegt also nicht mehr nur Mailand oder – siehe die vorangegangene Meldung – Mexiko, sondern inzwischen auch nordeuropäische Kleinstädte.
Der Begriff Begrünung greift im Hinblick auf die Extravaganz der Fassade jedoch fast zu kurz, vielmehr ist die grüne Villa ein mit Topfpflanzen übersätes Eckhaus, das in vorstädtischer Umgebung mit zwei- bis dreistöckigen Reihenhäusern neben einem Parkplatz errichtet werden soll. Die eigentliche Wohn- und Büronutzung des Gebäudes findet auf vier Etagen statt, in einem Stahlbetonrahmen mit unterschiedlichen Tiefen können Raummodule eingehängt werden. Ein Büro, fünf Wohnungen und eine Tiefgarage soll es geben. Der straßenseitig in verschiedenen Formaten gerasterte Rahmen soll für hunderte von kleinen Pflanzen und Sträuchern bis hin zu ganzen Bäume wie Birken und Kiefern genutzt werden. Das entschiedene Statement für eine radikale Begrünung wird im Pressetext als „green dip“ bezeichnet. Die Hoffnung: das dreidimensionale Arboretum gleiche CO2-Emissionen aus, biete sommerlichen Wärmeschutz und fördere Biodiversität. Zusätzlich gibt es noch Kärtchen an den Pflanzen, anhand derer sich die Bewohner über Spezies, Herkunft und Pflege informieren können.
Nachhaltigkeit sei nicht nur eine technologische Herausforderung, sondern bedeute auch einen Wandel im Lebensstil, sie setze Umweltbewusstsein und soziale Verantwortung voraus, so die Architekten über die Villa, in die unter anderem der Immobilienwickler Stein einziehen wird. Zusammen mit Van Boven Architecten tritt dieser auch als Projektentwickler auf. Der Entwurf ist Teil von MVRDVs Forschung zu fassadenlosen Gebäuden, und eine persönliche Beziehung gibt es noch dazu: Winy Maas ging in Sint-Michielsgestel zur Schule und fühlt sich damit offenbar auch verantwortlich für die Umweltbildung in der Kleinstadt an der Dommel.
So sehr das Projekt auch wie eine Umweltkampagne wirken möchte, etwas villentypische Bequemlichkeit darf doch nicht fehlen: Eine sensorgesteuerte Bewässerungsanlage mit gespeichertem Regenwasser sorgt ohne Mithilfe für eine ganzjährig grüne Fassade. (kg)
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