Zaanstad im Norden von Amsterdam ist ein extrem widersprüchlicher Ort. Am Flüsschen Zaan gelegen, gilt es mit seinen Windmühlen als ein Ursprungsort der Industrialisierung, während das Freilichtmuseum Zaanse Schans mit rekonstruierten Häuschen die gute alte Zeit feiert. Zaanstad ist außerdem ein „Zentrum der Linoleumindustrie“ und eine Partnergemeinde des Berliner Bezirks Neukölln.
Das eigentlich Bemerkenswerte an Zaanstad ist jedoch, wie nahe hier Historismus, Postmoderne und Pop beisammenliegen. Seit 2001 will der Amsterdamer Architekt Sjoerd Soeters das Stadtzentrum charakteristischer gestalten, und sein Lieblingselement ist das kleine grüne Zaandamer Haus. Dieses entsteht in immer wieder neuen Varianten und wird mal als Rathaus, mal als Einkaufsstraße und mal als Hotel interpretiert. Das nächste Kapitel der Huldigung grüner Häuser werden jedoch die anerkannten Modernisten von MVRDV schreiben, und ihre Idee für das neue Kultur-Cluster der Stadt ist ein schlauer Kommentar zur Selbststilisierung Zaanstads.
Der Entwurf, mit dem das Rotterdamer Büro gerade den Wettbewerb gewinnen konnte, löst die Herausforderung, fünf Kulturinstitutionen in einer Wohnhaustypologie unterzubringen, auf einfache Weise: Das Programm packen sie in ein kompaktes Volumen, aus dem sie mehrere Zaandamer Häuser unterschiedlicher Größe als Negativformen ausschneiden. Das Konzept erinnert sowohl an die Rotterdamer Markthalle als auch an die Bibliotheksentwürfe von OMA für Paris, an denen Winy Maas und Jacob van Rijs einst als junge Architekten gearbeitet haben.
Die charakteristischen Freiräume dienen Kino, Bibliothek, Kunstzentrum und Konzerthalle als individuelle Foyers, von denen aus das „kollektive“ Volumen erschlossen wird. Geschichtsvergessenheit kann man MVRDV allerdings nicht vorwerfen, denn der größte dieser Räume lässt als städtisches Wohnzimmer an die Ursprünge der hier stilisierten Typologie denken. Selbst eine hübsche Wanduhr und einen gemütlichen Kamin haben sie in ihren Plänen nicht vergessen. (sb)
Zum Thema:
Mehr über das Inntel Hotel von WAM architecten und die jüngere Generation niederländischer Architekten auch in der Baunetzwoche#374 „The Next Superdutch“
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DasHolzspatel | 16.06.2015 14:06 UhrDer fliegende Holländer
Heiliger Bimbam.
Räumlich sicher spannend. Nur die Fassade mit den darfgewürfelten Fenster ist fragwürde. Der Raum aus den subtrahierten+durchgesteckten Elemente ist wirklich erfrischend.
Bitte bauen!
Da hat jemand beim entwerfen nicht nur Schweißperlen im Gesicht gehabt. :-)