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13.07.2020

20 Jahre Leerstand in Hannover

MVRDV bauen ihren EXPO-Pavillon um


Die Expo 2000 war die erste und einzige Weltausstellung in Deutschland. Sie sollte Hannover von der grauen Maus in einen hippen Hightech-Standort verwandeln. Die Rechnung ging jedoch nicht ganz auf; Auch das Nachnutzungskonzept für das Expogelände, auf dem sich statt der erwarteten 40 Millionen gerade einmal 18 Millionen Besucher*innen tummelten, darf als missglückt bezeichnet werden, denn pünktlich zum Ende der Weltausstellung platzte die Dotcom-Blase, und die erhofften Mieter*innen für die teils extrovertierten Bauten auf dem Expogelände blieben zunächst aus.

Das Areal verkam und wurde zum Paradies für Abenteurer*innen, die leider auch vor Vandalismus und Brandstiftung nicht Halt machten. Ein besonders beliebtes Ausflugsziel war der „Holländer“ – der von MVRDV errichtete niederländische Pavillon. Dieser war schnell zu einem Wahrzeichen der Weltausstellung geworden, denn auf spektakuläre Weise wurden in dem offenen Haus auf sechs Etagen verschiedene niederländische Landschaften reproduziert und über einander gestapelt. Für das Rotterdamer Büro markierte der Pavillon mit der Ausstellung „Holland creates Space“ den internationalen Durchbruch. Bereits 2017 wurde das 9.000 Quadratmeter große Grundstück an einen Investor verkauft. Einen Eindruck über den Zustand des damals bereits 17 Jahre leerstehenden Pavillons kann man sich anhand der Bildstrecke des HAZ-Fotografen Clemens Heidrich machen.

MVRDV haben nun Gelegenheit, ihr programmatisches Frühwerk in ein Bürohaus umzubauen und um zwei Wohn- und Bürohäuser mit insgesamt 18.900 Quadratmetern Fläche zu ergänzen. Die Grundstruktur der Pavillonruine sei trotz des langen Leerstands und der Verwüstungen in einem bemerkenswerten Erhaltungszustand, betont MVRDV-Gründungspartner Jacob van Rijs: „Es ist für uns eine begeisternde Chance, unser frühes Projekt wieder aufzugreifen. Das schöne an dem Objekt ist, dass die Kernstruktur mit den hohen Decken und den offenen Räumen in hohem Maße wiederverwendbar ist. So sind wir auch nach zwanzig Jahren noch in der Lage, das Gebäude in eine funktionale Büroumgebung umzuwandeln, die jedoch die einzigartigen experimentellen Merkmale des Expo-Pavillons beibehält.“

Die beiden flankierenden Neubauten sollen helfen, den ehemaligen Pavillon wirtschaftlich zu betreiben. Sie bilden an den Grundstücksgrenzen einen den Pavillon umschliessenden Block, der sich zum gemeinsamen Vorplatz hin abtreppt und so eine Eingangssituation definiert, die in den begrünten Innenhof mit dem Bestandsbau führt. Im größeren Gebäudeteil mit neun Obergeschossen sind 370 Mikroappartements für Studierende eingerichtet, der kleinere Gebäudeteil beherbergt Büroräume sowie Fahrradstell- und KFZ-Parkplätze. In Anlehnung an das Konzept der gestapelten Landschaften bilden die Dächer der neuen Gebäude eine Reihe von farbig gestalteten Terrassen, die den Nutzern unterschiedliche Funktionen bieten. Die Bandbreite reicht von Gärten und Sportanlagen bis hin zu Lernbereichen und einem Kino.

Im renovierten Pavillon werden Gastronomie, Büros und Besprechungsräume, sowie ein Coworking-Space untergebracht. Besonderer Wert soll darauf gelegt werden, die Merkmale des ursprünglichen Entwurfs beizubehalten. So wird der erste Stock, der ursprünglich eine Reihe von Gewächshäusern enthielt, seine strikt geradlinige Anordnung auch in seiner neuen Nutzung als Büro beibehalten, während die überdimensionalen Blumentöpfe im zweiten Stock verglast und in Meeting- und Büroräume umgewandelt werden sollen. Die Waldebene und die markanten Außentreppen bleiben ebenso erhalten. Die ebenerdige Dünenlandschaft aus Beton soll als Treffpunkt mit einem kleinen Café und einem Ausstellungsbereich eingerichtet werden. Die abgebrannte Dachkuppel wird in ihrer ursprünglichen Form als eine neues – Obacht! – „ Fast-Casual-Restaurant“ wieder aufgebaut. Wo neue Fassaden notwendig sind, soll hochtransparentes Glas verwendet werden, um den offenen Charakter des Entwurfs beizubehalten. Vielleicht klappt’s ja doch noch mit dem hippen Image für Hannover. (tl)


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