In der plastischen Chirurgie spricht man von rekonstruktiven Maßnahmen, wenn Teile des Körpers wiederhergestellt werden. In Neuenburg am Rhein im Südwesten Deutschlands arbeiteten MONO Architekten aus Berlin mit einem ähnlichen Ansatz. Das erhöht liegende Gemeindegebiet, das zuvor etwas undefiniert zum Rheintal hin abfiel, erhielt dank ihrer Intervention einen klaren Abschluss aus rötlichem Stampfbeton.
Die rote Böschung ist natürlich kein Selbstzweck, sondern bildet die Außenmauer eines Parkhauses. Zusammen mit einem Turm aus dem gleichem Material definiert die Großgarage, unweit der A5 und direkt an der Bundesstraße gelegen, das neue Aushängeschild der Kleinstadt. Das Projekt geht zurück auf eine Landesgartenschau, die im letzten Jahr in Neuenburg stattfand. Das Ausstellungsgelände lag zwischen Rhein und Zentrum. Daraus ergab sich die Chance, auch einige innerstädtische Areale neu zu ordnen.
Eine Schlüsselrolle kam dem Areal „Am Kronenrain“ direkt am Ortseingang zu. Die nun umgesetzte Konfiguration folgt der historischen Lage der Kleinstadt direkt am Fluss. Ein Münster, das früher an dieser Stelle stand, war schon vor Jahrhunderten nach einem Hochwasser eingestürzt. Und der Rhein selbst verläuft in Folge mehrerer Begradigungen inzwischen weiter westlich. Die Landesgartenschau hatte darum auch das Ziel, Neuenburg wieder näher ans Wasser zu rücken. Mit dem barrierefrei erschlossenen Turm und einer zugehörigen Brücke gelingt hier die Vermittlung zwischen den Niveaus. Das kommt nicht nur der Erschließung des Stadtparks zugute, sondern eröffnet mit einer Aussichtsplattform auch Blicke bis ins Dreiländereck weiter südlich. An klaren Tagen sind nicht nur der Schwarzwald und die Vogesen, sondern sogar die Alpen zu sehen.
Mit der Arrondierung des Kronenrains entstand außerdem ein neuer Platz, der als Stadtbalkon knapp über der dichten Vegetation der angrenzenden Rheinauen positioniert ist. Das gepflasterte Dach des Parkhauses wird dabei in seiner jetzigen Form erhalten bleiben. Das restliche Areal hingegen soll in den nächsten Jahren als Stadtquartier am Münsterplatzverdichtet werden. Mit der günstigen Lage des Parkhauses und seinen 230 Plätzen bieten sich zudem neue Perspektiven für das Stadtzentrum von Neuenburg, das dadurch vom Verkehr entlastet werden kann.
Durch ihre Entscheidung für Stampfbeton als Fassadenmaterial knüpften die Architekt*innen an den rötlichen Sandstein der Region an. Im milden Abendlicht der Rheinebene bildet dabei insbesondere der Turm eine imposante, fast schon enigmatische Erscheinung. Wie auch die Hülle des Parkhauses ist seine Fassade mit quadratischen Öffnungen perforiert. Die Brücke aus Corten-Stahl soll in Zukunft als Rampe bis hinunter in den Wuhrlochpark geführt werden. (sb)
Fotos: Gregor Schmidt
Zum Thema:
In der Baunetzwoche#549 haben wir mit MONO über ihr Büro und ihre zum Teil sehr verschiedenartigen Projekte gesprochen – darunter die Erweiterung der Freien Waldorfschule am Prenzlauer Berg und die Tank- und Rastanlage Leubinger Fürstenhügel.
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auch ein | 11.10.2023 08:40 Uhrarchitekt
ein schönes projekt.
die bilder täuschen ein wenig....
man suggeriert eine situation, als würde man ein tolles moor anschauen. mit bezug auf materialien?
man schaut auf einen recht langweiligen teisch, hört und sieht die autobahn und die raststätte....