Vor genau zwei Wochen hätte die Ausstellung „Architektur als Experiment“ über Ludwig Leos Umlauftank in Berlin eröffnen sollen, die von BARarchitekten und BauNetz-Redakteur Gregor Harbusch im Auftrag der Wüstenrot Stiftung kuratiert wurde. Die Schau findet nun Ende September statt, doch das Buch der Stiftung zur Sanierung von Leos rosa-blauer Ikone wurde pünktlich fertig. An Stelle einer Terminmeldung also ein Buchtipp – und ein virtueller Rundgang durch die Ausstellung.
Menschen, die gerne Bücher mit Potenzial zum Liebhaberstück besitzen, brauchen nicht lange weiterzulesen. Ludwig Leo. Umlauftank 2 ist ein solches Buch. Und das, obwohl es hier eigentlich „nur“ um eine Publikation geht, in der die denkmalgerechte Instandsetzung einer 1974 eröffneten Versuchsanlage am Rande des Berliner Tiergartens dokumentiert wird.
Wer doch etwas ausführlicher überzeugt werden will, dem sei gesagt, dass bei dieser durch Pablo von Frankenberg konzipierten Publikation viel Gutes zusammenkommt. Sie hat mit Ludwig Leos ebenso sympathischem wie irritierendem Bau für die Versuchsanstalt für Wasserbau und Schiffsbau ein interessantes Sujet. Sie erfreut durch ihre ruhige, zugleich farbenfrohe, die Architektur ins rechte Licht setzende Gestaltung einschließlich eines entspannten Schriftbilds und feiner Materialien (Grafikdesign: Siyu Mao). Fotos aus der Bauphase und Originalzeichnungen aus dem Archiv nehmen die Betrachter mit auf eine Zeitreise. Aufnahmen vor und nach der Instandsetzung gewähren Einblicke ins Innere des Gebäudes und lassen die Akribie der geleisteten Arbeit erahnen, die zur Herstellung des heutigen Zustands notwendig war.
Die Texte beleuchten das Projekt aus unterschiedlichsten Richtungen: Zu Wort kommen unter anderem der Architekt der Sanierung HG Merz, der zuständige Fachplaner Steffen Obermann vom Büro adb Ewerien und Obermann, die Nutzer (die in dem Umlauftank damals wie heute in den Bereichen Fluidsystemdynamik und Dynamik maritimer Systeme forschen) sowie der damalige Projektleiter im Ingenieurbüro von Wasserbauingenieur Christian Boës, dessen technischen Entwurf Leo im Rahmen einer künstlerischen Oberleitung in Architektur übersetzte.
Obwohl bis hierhin längst die Anforderungen aus dem Handbuch gekonnter Redaktionstätigkeit erfüllt sind, landet man nach 84 Seiten obendrein noch auf einem dünnen, umlauftankrosanen Blatt. Es kündigt unter der Überschrift „Ludwig Leo baut ein Schiff“ zehn Gebote von Felicitas Hoppe an. Wirklich? Die Schriftstellerin und Büchner-Preisträgerin schreibt über Architektur? Sie tut es tatsächlich, auf ihre ganz eigene Weise, rätselhaft, poetisch und assoziativ, auf der Suche nach dem Menschen Ludwig Leo, seinem im Krieg verlorenen Bein, seinen Überzeugungen, die sie in zehn kluge Appelle übersetzt. Oder sind es kleine Gedichte? Jedenfalls ziehen sich Hoppes Gebote durch das Buch, mit jeder Seite wächst die Vorfreude auf sie und die Neugier, wann wohl das nächste inmitten eines Kapitels auftaucht.
Philip Kurz, Geschäftsführer der Wüstenrot Stiftung, hat die Instandsetzung des Umlauftanks auf den Weg gebracht, über die Stiftung mit insgesamt rund 3,8 Millionen Euro finanziert und fachlich begleitet. Obwohl er im Buch den Anfang macht, soll ihm hier der Schluss gehören: „Wenn man die Moderne als einen Zusammenhang von Ideen begreift, in dem man alles kritisch hinterfragen kann und darf, ist der UT2 von Ludwig Leo in all seiner Ungezähmtheit Ausdruck ebenjener Moderne.“ Wie gut, dass dieses wilde, ungezähmte Ding nicht in einer broschierten Projektdokumentation, sondern in diesem gelungenen Buch verewigt ist.
Text: Katrin Voermanek
Ludwig Leo. Umlauftank 2 Wüstenrot Stiftung (Hg.) 290 Seiten Deutsch/Englisch Spector Books, Leipzig 2020 ISBN 978-3-95905-371-6 28 Euro
Video:
Den technisch bedingten Probeaufbau der Ausstellung nutzte der Veranstaltungsort BHR OX bauhaus reuse, um einen virtuellen Rundgang durch die Ausstellung mit einer 360-Grad-Kamera zu produzieren.
www.bauhaus-reuse.de
Zum Thema:
Weitere Informationen zur Ausstellung, die am 24. September 2020 eröffnen soll, auf www.ludwigleo.tumblr.com.
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schlawuki | 09.04.2020 16:09 Uhrkaufen kaufen kaufen
das ist ein sehr schönes buch das richtig spass macht