RSS NEWSLETTER

https://www.baunetz.de/meldungen/Meldungen-Leserreaktionen_zum_Berliner_Schloss_21113.html

25.08.2005

Größenwahn

Leserreaktionen zum Berliner Schloss


Am 24. August 2005 kommentierte die BauNetz-Redaktion die Machbarkeitsstudie zum Berliner Schloss, die am selben Tag von der Bundesregierung vorgestellt worden war. Tenor des Kommentars: Auf den Neubau der Schlosskubatur mit pseudohistorischen Fassaden solle - nicht nur wegen der nach wie vor ungeklärten Finanzierung - verzichtet werden. Hierzu gingen ungewöhnlich viele Leserbriefe ein, aus denen wir im Folgenden zitieren möchten.

Theresa Keilhacker von "Plattform Nachwuchsarchitekten" aus Berlin schrieb: „Hervorragender Kommentar, vielen Dank! Wie die Theaterproduzentin Amelie Deuflhard gestern so schön sagte: ‚Nur unintelligente Menschen können diese Schlossattrappe haben wollen’.“

Auch der Architekt Rainer Seiferth aus Berlin wird am Ende seines Beitrags sehr deutlich: „Ihren Kommentar kann ich nur heftig unterstützen, das ist ganz meine Meinung. Die CAD-Simulation zeigt besser als jedes historische Foto den Alptraum von einem restauriertem Preußen- und Großbürgertum. So oder so ähnlich wie der Anderhalten-Vorschlag ist die richtige Stoßrichtung, um den Wilhelminismus in den Köpfen zu schlagen. Ich glaube, wir sollten in unserer Kritik alle Höflichkeit fahren lassen. Das Schlossprojekt ist antidemokratisch, ist Größenwahn, kurz: der letzte Scheiß.“

Nikolaus Bernau von der Berliner Zeitung vertritt in seinem Schreiben an die BauNetz-Redaktion zum Schlossneubau schlussendlich die selbe ablehnende Haltung, allerdings wirft er sich für die außereuropäischen Sammlungen, die einen Teil der Schlossplatzbebauung füllen sollen, ins Zeug: „Sie irren! Und zwar gewaltig! Wenn es überhaupt etwas in der Struktur Einzigartiges und völlig Unvergleichliches in der Berliner Museumslandschaft gibt, dann sind es die Museen außereuropäischer Kulturen, insbesondere das ethnologische Museum in Dahlem.
Diese Sammlungen sind seit 1948 nach Dahlem verbannt, wo sie von inzwischen nur noch 160.000 Menschen jährlich besucht werden. Das liegt aber nicht an der Inszenierung oder den durchweg guten Ausstellungen, sonder an der Lage. Die Museen müssen, wenn sie überleben und einen Sinn in der deutschen Bildungslandschaft entfalten sollen, dringend in die Stadtmitte umziehen!
Sie als unwichtig zu bezeichnen, Verzeihung bitte, spricht nicht nur von krasser Unkenntnis der internationalen Museumslandschaft, sondern auch von sicherlich unbewusstem Rassismus, die die außereuropäischen Sammlungen als 'nur so' betrachtet. Einem Rassismus, der die gesamten Diskussionen um den Schlossplatz bewegt: Ginge es um europäische Kunst, würde längst gehandelt werden. So aber wird immer aufs neue vertragt und begutachtet und von unfinanzierbaren Neubauten geträumt, anstatt endlich einzusehen, dass auf dem Schlossplatz bereits ein Gebäude steht, welche ohne Weiteres eben für die außereuropäischen Sammlungen umgebaut werden kann: Das akut vom Abriss bedrohte Stahlgerüst des Palastes der Republik.“


Zu den Baunetz Architekt*innen:

Anderhalten Architekten


Kommentare:
Meldung kommentieren


Alle Meldungen

<

10.04.2006

Künstlicher Dschungel

Museum von Nouvel in Paris vorgestellt

29.07.2005

Islamischer Flügel

Projekt für Pariser Louvre vorgestellt

>