Wenn ein Hochschulgebäude einen eigenen Intendanten hat, dann kann man sicher sein, dass dort besondere Dinge passieren. Seit 2022 ist in St. Gallen das neue Learning Center von Sou Fujimoto Architects (Tokio) in Betrieb, die im Jahr 2018 den Wettbewerb gewannen. Inzwischen in Square umbenannt, wird es derzeit von Martin Eppler geleitet, der von Gründungsintendant Philippe Narval übernommen hat. Neben viel Platz zum Lernen wird im Gebäude vor allem Austausch und Inspiration geboten. Ein dichtes Programm, das auch künstlerische Interventionen beispielsweise von Ai Weiwei umfasst, eröffnet vielfältige Perspektiven auch jenseits des konkreten Studierens. Das Haus und die Veranstaltungen sind dabei auch für die allgemeine Öffentlichkeit zugänglich.
Dem vielschichtigen Auftrag des Gebäudes nähern sich Fujimoto und Marie de France – Leiterin seines Pariser Ateliers – mit einer offenen, möglichst multifunktionalen Struktur. Um ein gebäudehohes Atrium mit frei geschwungenen Treppen stapeln sie drei offene Etagen. Das prägende Raster wird in Form von gestaffelten kubischen Volumen auch im Außenraum erkennbar. Mit etwas Abstand lässt dies an eine gläsern spiegelnde Stufenpyramide denken. Dank der asymmetrischen Rücksprünge wurde zugleich aber auch Platz für mehrere Dachgärten geschaffen.
Im Zusammenspiel mit dem brutalistischen Hauptgebäude von 1963 und der Unibibliothek von 1989 ist auf dem Rosenberg im Südwesten von St. Gallen nun eine interessante Abfolge unterschiedlicher historischer Bildungs- und Lernkonzepte zu besichtigen. Die Hochschule St. Gallen gilt als eine der führenden Wirtschaftshochschulen Europas.
Die Umsetzung des Projekts, das über Spenden von der hochschulnahen HSG Stiftung finanziert wurde, erfolgte in Zusammenarbeit mit Burckhardt Architektur (u.a. Zürich) und dem Ingenieurbüro Schnetzer Puskas (u.a. Basel). HRS Real Estate war als Generalunternehmer für die Realisierung verantwortlich. Die Nutzfläche von rund 7.000 Quadratmetern unterteilt sich in den mittigen offenen Bereich und einigen geschlossenen Räumen entlang der Peripherie des Volumens. Insbesondere in den oberen Stockwerken gibt es auch Rückzugsorte für konzentriertes Lernen und Arbeiten. Darüber hinaus befindet sich im Erdgeschoss ein Café, während im Untergeschoss alle Servicebereiche versammelt sind.
Entscheidend für die Raumerfahrung, die im Sinne eines freien Austauschs von Wissen und Erfahrung von einer gewissen Hierarchielosigkeit geprägt sein sollte, ist der Abstraktionsgrad der Struktur. Dem strukturellen Prinzip folgend, entsprechen die Decken daher genau der Stärke von Stützen und Balken. Da jedoch Teile der Konstruktion vorgefertigt und andere Teile vor Ort gegossen wurden, musste ein besonderes Augenmerk auf das Angleichen der farblichen Schattierungen des Betons gelegt werden. Einen formalen Ausreißer erlaubte man sich hingegen bei den Decken, deren Metallelemente bei genauem Hinsehen ein feines Paisleymuster erkennen lassen. (sb)
Fotos: Chris Mansfield, Maris Mezulis, D&R Dürr, Iwan Baan, Oliver Fehr
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