Die Arbeit im Garten, der erdige Geruch, das Rauschen der Blätter. Schön ist es hier, auf dem Grundstück im brandenburgischen Falkensee, und verständlich auch, dass man sich genau an diesem Ort für das Bauen mit Lehm entscheidet. Der Architekt Gereon Legge (Falkensee) hat gleich zweierlei mit dem ökologischen Baustoff geplant – einen Ausbau des bestehenden Walmdachs des Altbaus und einen freistehenden Baukörper aus Lehm im Garten. Es sind zwei kleine, privat finanzierte Projekte, doch der Bogen zur größeren Debatte lässt sich spannen: Lehm wird derzeit als klimaverträgliches und ökologisches Baumaterial wiederentdeckt und kommt inzwischen auch in Großprojekten wie dem Neubau der Firmenzentrale des Naturkost-Unternehmens Alnatura in Darmstadt maßgeblich zum Einsatz.
Der Lehmbau in Falkensee ist als Sommerhaus mit frei bespielbarem Programm gedacht: Für Ausstellungen oder Konzerte aber auch einfach als Ruheraum können die 32 Quadratmeter des Einraum-Hauses genutzt weren. Die Grundlage für Architektur und Statik hatte Legge mit dem Lehmbauexperten Christoph Ziegert von ZRS Architekten Ingenieuere (Berlin) erarbeitet, 2016 dann wurden die 32 cm dicken Wände des Baus unter Obhut von Jörg Depta mit einer Studentengruppe vor Ort realisiert. Da mit einer traditionellen Holzschalung gearbeitet wurde, ist das Stampfen einer Lehmwand, in diesem Fall drei Meter hoch, kraft- und zeitaufwendig. Lediglich vier Öffnungen hat der Lehmbau, ein tiefliegendes Aquariumfenster und ein Bullauge an der zum Garten zeigenden Giebelwand, eine individuell entworfene Holzschiebetür an der langen Seite und ein Oberlicht. Das Dach besteht aus vorgefertigten Lehmplatten und einer Schicht Opus Caementitium, einer betonähnlichen Substanz, die gleichnamig auch als römischer Beton bekannt ist. Als Regenschutz für den wasserempfindlichen Lehm dient ein zweites Dach ein abgelöstes Satteldach, das mit einer Metallkonstruktion auf dem Lehmdach aufsitzt.
Ambitioniert ist auch der mit dem Statiker Konrad Lösch geplante Dachausbau des Bestandsgebäudes aus den 1930er Jahren. Hier möchte der Architekt mit seinem Atelier einziehen, kurzum entschied er sich, Form und Konstruktion des Walmdaches umzubauen. Gereon Legge erläutert: „Angeregt durch den Container von Ai Weiwei im Martin Gropius Bau wird der Dachstuhl um 45 Grad gedreht.“ Bei einer Hauskantenlänge von neun Metern entsteht so eine Spannweite der Pfetten von sechs Metern, und der Atelierraum mit einer lichten Höhe von vier Metern kann stützenfrei bleiben. Wie auch beim Lehmhaus wird Putz aus Lehm und Kalk auf die Ziegelwände aufgetragen, die dreieckige Dachhaut ist außen mit ostwestfälisch gebürsteten Bibern gedeckt. (kg)
Fotos: Gui Rebelo
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STPH | 24.09.2019 14:10 UhrGute Architektur hängt
dach als zugzipfel, daran hängt dann alles daruntere, antistatisch leicht.
hier irgendwie erreicht. Gute Architektur hängt von oben herab, siehe Philharmonie Berlin, arabische Zeltarchitektur, chinesische Zipfeldächer.
hängen ist entspannender als stehen.
Lesart von oben, dem himmel, nach unten entspricht auch unserer art zu lesen, also zu begreifen, abwärts, fallend, vom Raum herab.
ist das nicht schöner als Schwerkraft?