An der im Rhein verlaufenden Grenze zwischen der Schweiz und Liechtenstein liegt das 600-Seelen-Dorf Salez. Etwas außerhalb des Ortes hat seit den 1970er Jahren das landwirtschaftliche Zentrum des Kanton St. Gallen seinen Sitz – ein Schulungszentrum für Berufe in der Landwirtschaft, gegründet bereits 1896. Schwerpunkte des Schulungszentrums liegen in Lehraufträgen für die Berufsbildung, Beratung sowie Kurs- und Praxisversuchsangeboten. Die verschiedenen Standorte der Einrichtung wurden seit 2004 schrittweise aufgehoben und sind nun am Standort Salez zusammengefasst.
Der alte Baubestand aus den 1970er Jahren war zwar in der 80ern erweitert worden, genügte aber den heutigen Anforderungen des Betriebs nicht mehr. Rund 900 Quadratmeter Fläche fehlten nach Einschätzung der Leitung. So fand 2011 ein nichtoffener Wettbewerb für einen Ersatzneubau statt, und ein Teil des Altbestands wurde abgerissen, um Platz für Neues zu schaffen.
Der mit dem ersten Preis ausgezeichnete und nun realisierte Holzbau des Büros Andy Senn aus St. Gallen bietet neben einem Tagungszentrum mit Internatsräumen auch Schulungsräumen Platz. Der L-förmig abgeknickte Baukörper duckt sich in die flache Landschaft des Rheintals, vor die imposante Bergkulisse. Durch die bewusste Setzung des Volumens an die Grenze zur Landwirtschaftszone entsteht zwischen Neubau und der bestehenden Werkhalle aus Beton ein großzügiger Hof, der den Mittelpunkt der Anlage bildet. Der Flügel für den Schulbereich ist zweigeschossig ausgeführt, der Flügel für Internat und Gästewohnungen dreigeschossig. Die Rasterstruktur des Grundrisses ermöglicht eine große Flexibilität in der langfristigen Nutzung.
Das gesamte Tragwerk oberhalb der Decke über dem Untergeschoss besteht aus Holz, teilweise als Skelettkonstruktion, teilweise als plattenartige, flächige Struktur aus Brettsperrholz umgesetzt. Die umlaufenden Laubengänge, die auch als Fassaden- und Sonnenschutz fungieren, sind am Vordach aufgehängt. Da sie der Witterung ausgesetzt sind, sind sie aus Eichenholz konstruiert. Für alle anderen Teile der Tragkonstruktion wurde Fichtenholz gewählt. Wo es möglich war, kam dabei Holz aus den Wäldern des Kantons St. Gallen zum Einsatz. Die Holzstruktur des Gebäudes ist auch im Innenraum durchweg wahrnehmbar und prägend.
Um die Bau- und Betriebskosten sowie den Energiebedarf zu reduzieren, ist der Neubau mit einem Minimum an Haustechnik ausgestattet. Im Schultrakt können die Zimmer im ersten Obergeschoss nachhaltig quergelüftet werden und sind beidseitig belichtet. Mensa und Aula im Erdgeschoss lassen sich über manuell bedienbare Klappen ebenso auf natürliche Art und Weise querlüften. Beheizt wird das Zentrum durch eine Holzschnitzelanlage, die mit regionalen Ressourcen beschickt wird. Über eine Fernwärmeleitung werden die benachbarte kantonale Strafanstalt Saxerriet und das Oberstufenzentrum Türggenau in Seenwald gleich mit versorgt. Auf dem Flachdach ist zudem eine Photovoltaikanlage installiert, die den Strombedarf zu immerhin 60 Prozent abdeckt.
Andy Senn unterstreicht, dass die ebenso einfache wie intelligente Konzeption des Gebäudes auch den aktuellen Wandel des bäuerlichen Berufsstands widerspiegeln solle. Die Baukosten beliefen sich samt Teilabriss des Bestandsgebäudes auf 32 Millionen Franken, die Bauzeit betrug zwei Jahre. (tl)
Fotos: Seraina Wirz
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