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14.01.2020

Utopia in Los Angeles

LGBTQ-Campus von Leong Leong


Nichts weniger als eine „gebaute Utopie“ hatte sich der Bauherr, das LGBT Center in Los Angeles, in der Auslobung des Architektenwettbewerbs 2014 gewünscht: für den neuen Campus am Santa Monica Boulevard, auf dem mit der Fertigstellung der zweiten Bauphase 2020 insgesamt 12 bisher über die Stadt verteilte Angebote zusammengeführt und erheblich erweitert werden sollen. Die erste Bauphase ist bereits 2019 zum 50-jährigen Bestehen des LGBT Centers eröffnet worden. Den Wettbewerb hatten Leong Leong Architects gewonnen und mit den lokalen Kontaktarchitekten Killefer Flammang Architecture umgesetzt. 

Seit 1969 kümmert sich das LGBT Center um die Rechte von Menschen, die sich selbst als LGBTQ, also Lesbian, Gay, Bisexual, Transgender oder Queer definieren. In diesen 50 Jahren hat das Center seine Angebote und Dienstleistungen beständig ausgebaut. Es bietet heute eine unübersehbare Zahl von Kursen, Hilfsangeboten und Fortbildungen, von Rechtshilfe und Opferschutz über Koch- und Tanzkurse, soziale und medizinische Dienstleistungen bis hin zu temporären und dauerhaften Wohnangeboten. Nach eigenen Angaben nutzen dies jeden Monat etwa 42.000 Menschen.

Um dem wachsenden Platzbedarf nachzukommen, hatte das LGBT Center 2012 ein knapp 17.000 Quadratmeter großes Grundstück am Santa Monica Boulevard im nordwestlichen Hollywood erworben, finanziert durch Spenden, insbesondere von der wohlhabenden AIDS-Aktivistin Anita May Rosenstein, deren Name der neue Campus nun auch trägt. Wenn 2020 auch die zweite Bauphase abgeschlossen wird, werden hier 12 sehr unterschiedliche Programme angeboten: temporäre und dauerhafte Wohnungen vor allem für Jugendliche und Senioren, die sich auf dem regulären Wohnungsmarkt benachteiligt und in anderen Wohnheimen oft den Anfeindungen anderer Obdachloser ausgesetzt sehen. Dazu wird es ein betreutes Seniorenheim geben, ein Jugendzentrum, die Akademie der Ariadne Getty-Stiftung, Beratungsbüros, Verwaltung, ein Restaurant, eine Veranstaltungshalle – die „Pride Hall“ am Santa Monica Boulevard –, eine große Gemeinschafts- und Lernküche sowie Verkaufs- und Geschäftsräume.

Die Architekten haben dem vielfältigen Programm eine dichte, aber poröse Gebäudestruktur gegeben, die aus ein- bis viergeschossigen Bausteinen zu bestehen scheint. Die variantenreiche Wiederholung der Materialien und Oberflächen sowie der geschwungenen Ecken lassen einen Zusammenhang erkennen; die immer wieder auftauchenden runden Ausschnitte und Grafiken verweisen auf das Logo des LGBT Center. Dazwischen gibt es öffentliche und halböffentliche Passagen, Plätze und Innenhöfe. „Statt den Campus als große, ikonische Geste zu gestalten, haben wir die Architektur als ein Mosaik verschiedener Identitäten und Programme entwickelt“, sagt Dominic Leong, der mit seinem Bruder Chris Leong das Büro Leong Leong führt. Dabei öffnet sich der Anita May Rosenstein Campus auf allen Seiten zur Stadt und bietet im Inneren viele Abstufungen von Öffentlichkeit. Schon die sechs Eingänge dieser ersten Bauphase sind extrem unterschiedlich: vom großen, pompösen Eingang vor der Pride Hall am Santa Monica Boulevard zu den unauffälligen, fast versteckten Eingängen zu den Wohnungen und Beratungsangeboten.

Das LGBT Center hofft, dass die strahlende Architektur des neuen Campus als Zeichen für eine offene und tolerante Gesellschaft in die Stadt wirkt — insbesondere in Zeiten, in denen eine solche Toleranz immer weniger selbstverständlich ist. Seit dem Amtsantritt von Donald Trump sei die ohnehin schwache staatliche Förderung von Inklusionsangeboten noch weiter zurückgegangen, die Stimmung gegen LGBTQ-Menschen wieder deutlich aggressiver geworden. So sagte die Geschäftsführerin des LGBT Center, Lorri Jean, sie hoffe, dass dieser Campus der erste und letzte seiner Art sein möge. Irgendwann solle die Gesellschaft zu dem Punkt kommen, an dem ein spezieller Campus für LGBTQ-Menschen nicht mehr nötig sei, weil es keine Diskriminierung aufgrund von Rasse, Religion oder sexueller Identität mehr gibt. Den Glauben an diese Utopie soll der Anita May Rosenstein-Campus vor allem transportieren. (fh)


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