Glasfaser, Stahl und Beton tauchen bei einer Google-Suche unter den Ergebnissen zu nachhaltigem Bauen nicht unbedingt ganz oben auf. Doch eine Möbelfabrik in Großbritannien aus dem Jahr 1976, die aus eben diesen Materialien errichtet wurde, könnte sich trotzdem Chancen auf einen Treffer ausrechnen. Die ehemalige Fabrik ist seit 2019 das neue Zuhause der Bath School of Art and Design, die nach einem Campus suchte. Der ursprüngliche Bau wurde von Farrell/Grimshaw Partnership für den amerikanischen Unternehmer Herman Miller entworfen und wurde nun, rund 40 Jahre später, zu einer Kunstuniversität umgebaut. Verantwortlich für das Projekt: Grimshaw Architects, also das Büro des damaligen Partners Nicholas Grimshaw, der bereits 1978 über die Fabrik schrieb: „Man stelle sich die Möglichkeit vor, das ganze Gebäude in Büros zu verwandeln.“
Doch von vorn: Die frühere Büromöbelfabrik ist ein typisches Haus der High-Tech-Moderne und setzt auf eine absolute Flexibilität ihrer Grundstruktur. Der Stahlrahmen des zweigeschossigen Funktionsbaus trägt eine vollständig demontierbare Fassadenverkleidung aus Glasfaserpaneelen und Tür- sowie Fensterflächen, die je nach Bedarf auch ohne große Fachkenntnisse frei verändert werden kann. Die Stahlkonstruktion zeichnet sich durch eine große Spannweite aus, die im Inneren einen weitgehend stützenfreien Raum schafft. Zwei zentrale Versorgungstrassen zum Anschluss technischer Geräte ziehen sich durch das gesamte Gebäude.
Als die Möbelfabrik 2015 an einen neuen Standort umzog, übernahmen Grimshaw Architects die Planung, die Fabrik für die Kunstuniversität umzubauen. Dort, wo zuvor schwere Maschinen untergebracht waren, gibt es jetzt feste Werkstätten. Durch Glaselemente entstanden im Erdgeschoss offene und flexible Ateliers sowie Büros, Präsentationsflächen und Treffpunkte, um den interdisziplinären Austausch der Studierenden anzuregen. Auf 8.500 Quadratmetern finden nun verschiedene Kunsttechniken wie Malerei, Keramik, Druckgrafik oder Fotografie einen Platz.
Abgehängte Decken und Trennwände wurden entfernt, so dass die Räume großzügiger und die gelbe Stahlstruktur als Charakteristikum im Inneren überall sichtbar wurde. Das Dach wurde erneuert und teilweise angehoben, um im Obergeschoss Studios und Arbeitsbereiche unterbringen zu können. Im Zentrum des Gebäudes entstand, anknüpfend an die ursprüngliche Mezzanin-Struktur der Halle, eine kichte Galerie. Die interne „Straße“ im Erdgeschoss kann für größere Veranstaltungen oder Präsentationsrunden genutzt werden.
Bei der Sanierung blieben das ursprüngliche Stahlgerüst, der Betonboden sowie die Fundamente erhalten. Etwa 90 Prozent der Glasfaserplatten wurden überholt und dem Raumprogramm entsprechend an der Fassade neu angeordnet. Im Inneren rüsteten die Planer*innen die Fassadenplatten mit Schallschutzelementen und einer Holzverkleidung auf, um akustisch und energieeffizient der neuen Nutzung gerecht zu werden. Die Scheiben wurden unter Beibehaltung des früheren Designs mit Doppelverglasung versehen, die Laderampen der Fabrik kommen heute für Kunstwerke und Materialien zum Einsatz. Alle Leitungen werden an den Decken geführt, wodurch der ursprüngliche Betonboden erhalten werden konnte.
Dass Grimshaw Ende der 1970er Jahre ahnte, dass aus der Möbelfabrik einmal eine Kunsthochschule werden würde, darf bezweifelt werden. Doch seiner Entwurfsidee eines flexiblen Gebäudes konnte Rechnung getragen werden. Nachhaltigkeit ist eben nicht nur eine Frage des Materials, sondern auch eine von Struktur und Konstruktion. Die Baukosten werden von den Architekt*innen mit 23 Millionen Pfund beziffert.
Text: Ariann Schwarz
Fotos: Paul Raftery, Chris Wakefield
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auch ein | 18.08.2021 16:58 Uhrarchitekt
es ist für den zweck gut nutzbar, aber die aussage "absolute Flexibilität ihrer Grundstruktur." und "man stelle sich dort büros vor" stimmt so nicht.
es passt dort eben "nur" für eine mischnutzung
aber reicht ja ;-)