Wer im Baunetzarchiv nach Steven Holl Architects sucht, findet eine beeindruckende Liste an Bauten für die Kunst: Kunsthaus in Richmond, privates Sammlermuseum in Angers, Kunstfakultät in Princeton, um nur die aktuellsten Projekte zu nennen. Bei dieser Bauaufgabe scheint das Büro mit Hauptsitz in New York dann immer eine Skulptur bauen zu wollen, setzt geometrische Figuren wie monumentale Bauklötze zu abstrakten Gebäudefiguren zusammen. So erinnert die gerade fertiggestellte Glassell School of Arts in Houston zum Beispiel an eine Arbeit des Bildhauers Tony Smith: Ein Dreieck und ein Rechteck, dreidimensional als Quader und Rampe, fügten die Architekten im rechten Winkel zu einem L-förmigen Bau zusammen.
Mit dieser einfachen Gebäudefigur formen sie einen ganzen Kunst-Campus auf dem zwei Hektar großen Areal in der Innenstadt von Houston. Auf den Nachbargrundstücken am Montrose Boulevard stehen das Museum of Fine Arts von Mies van der Rohe und das Museum of Contemporary Arts von Gunnar Birkets. Das Grundstück teilt sich die Kunsthochschule mit dem in diesem Jahr fertiggestellten Sarah Campbell Blaffer Foundation Center for Conservation von Lake | Flato Architects (San Antonio, Texas). Steven Holl Architects verbinden beide Bauten unterirdisch miteinander.
Ihren Neubau rücken sie weit in das Grundstück hinein und umgreifen mit der L-förmigen Figur eine Parkfläche, die von den Landschaftsarchitekten Deborah Nevins & Associates und Nevins & Benito Landscape Architecture (beide New York) als öffentlicher Skulpturengarten angelegt ist. Auf der schrägen begehbaren Dachebene läuft die Parkfläche weiter, bis sie schließlich in eine Dachterrasse am Kopf des Neubaus mündet.
Die Fassade gestalteten Steven Holl Architects ebenfalls bildhauerisch: Knapp 350 unregelmäßige Vierecke aus vorgefertigtem, sandgestrahltem Beton oder aus Glas bilden ein tänzelndes Raster. Innen führen die Architekten das Spiel aus Beton und Glas fort, trennen die Räume teilweise nur mit transluzentem Kunststoff ab, inszenieren konstruktive Details als ästhetische Elemente. Auf 3.700 Quadratmetern Fläche verteilen sie Ateliers, Seminarräume und Ausstellungsräume. Ein Treppenhaus an der Kreuzung von Dreieck und Quader ist das räumliche und soziale Zentrum des Baus: Es dient als Foyer, Lichthof und Auditorium. Hier fächert sich die Decke mit mächtigen, sich kreuzenden Querbalken langsam bis zum dritten Obergeschoss auf. Wie auf Piranesis Carceri-Zeichnungen schießen in diesem Foyer die einzelnen Treppenläufe quer durch den Raum, und wieder fragt man sich: Kunst oder Architektur? (sj)
Fotos: Richard Barnes
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