Die Altstadt von Barcelona erscheint nicht unbedingt als ideale Umgebung für eine Kunsthochschule – zu eng und zu dicht und natürlich vollkommen überlaufen von Touristen. Die Escuela Massana residierte allerdings schon seit 1935 in einem alten Krankenhaus am Plaça de la Gardunya. So war es naheliegend, dort auch einen Neubau zu errichten. Verantwortlich für die Gestaltung ist Carme Pinós (Barcelona), deren Büro 2006 einen Wettbewerb für die umfassende Neugestaltung der Gegend gewonnen hatte.
Dass es in dieser engen Umgebung überhaupt genügend Platz für ein solches Projekt von immerhin mehr als 10.000 Quadratmeter gab, ist historischen Umständen geschuldet. Eigentlich war hier in den 1960er Jahren ein Bürohochhaus geplant, für das man die alte Bebauung zum Teil schon abgeräumt hatte. Seither war der Platz zu einer Art schmutzigem Hinterhof des beliebten Boqueria-Marktes geworden, der seinen Haupteingang an der berühmten Rambla hat. Die Intervention der Architektin mitten im Stadtteil Raval umfasst dem entsprechend nicht nur den Neubau der Kunstschule, sondern die Reorganisation des gesamten Platzes samt Tiefgarage, den Bau eines Wohnhauses und einer neuen rückwärtigen Fassade für den Markt.
Im Rahmen dieser Bemühungen nimmt die Schule insofern eine besondere Rolle ein, als dass sie sich in formaler und volumetrischer Hinsicht eindeutig von der Umgebung absetzt. Pinós konzipiert einen mehrfach verspringenden Baukörper, dessen rotbraune Keramikfassade trotz großer Glasflächen für einen monolithischen Eindruck sorgt. Diese Setzung lässt an die bisherigen Räume der Schule auf der gegenüberliegenden Seite des Platzes denken. Hohe Mauern hielten dort die Stadt auf Abstand, während ein Hofgarten für kontemplative Offenheit sorgte. In Anlehnung daran ist auch die neue Schule mit einem gebäudehohen Atrium um einen leeren Raum herum organisiert. Das Erdgeschoss präsentiert sich mit Auditorium, Ausstellungsräumen und Café eher öffentlich, während sich in den oberen Geschossen Klassenräume und größere Studios abwechseln. Letztere sind zum Teil auch mehrgeschossig ausgeführt, wie das große Malstudio ganz oben.
Es täuscht übrigens der erste Eindruck, dass sich die Schule entschieden abzusetzen scheint. Das gilt zwar für die Hauptfassade, aber ein Blick auf den Grundriss macht klar, wie komplex sich das Gebäude in seine Umgebung integriert. Das gilt infrastrukturell, wo zum Teil die unterirdische Anlieferung zum Markt in das Projekt integriert wurde. Es gilt aber auch für die stärker gegliederten seitlichen Fassaden, die der engen Durchwegung des Platzes folgen. Die Komplexität dieser überaus urbanen Anlage passt übrigens auch gut zum vielfältigen Angebot der Schule, an der man neben einem vollwertigen Studium auch ein kunstbezogenes Abitur oder eine Berufsausbildung absolvieren kann. (sb)
Fotos: Duccio Malagamba
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