Jede Menge Kunst auf Lager: Jay Jopling, Londons wohl bekanntester Kunsthändler, hat sich im Stadtteil Bermondsey ein Lagerhaus zu einer neuen „White Cube“-Galerie umbauen lassen. Architekten waren
Casper Mueller Kneer Architects.
Die neue Galerie im Bezirk Southwark am südlichen Ufer der Themse ist mit knapp 5.500 Quadratmetern die größte Niederlassung der „White Cubes“. Auf temporäre Nutzung angelegt – das Gebäude ist vorerst für 15 Jahre gepachtet – entschieden sich die Architekten für eine freistehende Stahlstruktur, die in Zusammenhang mit einem Betonriegel die Last der großflächigen Kunstwerke, Skulpturen und Installationen locker tragen kann. Und das ohne bauliche Eingriffe in die eher unauffällige Backstein-Gebäudehülle aus den 70er Jahren.
Die neue Galerie empfängt Besucher und potentielle Käufer zunächst auf einem großzügigen Vorhof. Ein markantes weißes Vordach zieht sich – als sichtbare Ergänzung zum Bestandsbau – fast über die gesamte Breite der Eingangsfront. Unter der vorkragenden Überdachung trennt eine vertikale Wand den Eingangs- vom Lade- bzw. Anlieferungsbereich. Trennwand und die Decke des Vordachs sind aus metallischen Gittern geformt – ein Material, das auch im Inneren der Galerie zum Einsatz kommt und den industriellen Charakter der alten Lagerhalle wachhält.
Die Galerie hat natürlich auch einen echten „White Cube“ auf Lager, der Name ist also Programm: Ein neun mal neun Meter großer Würfel bildet das Herzstück des Magazingebäudes. Von oben strömt Tageslicht in den gigantischen Kubus und erhellt auch die angrenzende Südgalerie: einen 780 Quadratmeter großen, stützenfreien Raum. Einen dritten Bereich innerhalb des Lagerhauses bilden die Nordgalerien, kleinere Räume von eher „experimentellem Charakter“, so die Architekten. Dazu gibt es einige private Schauräume, einen Buchladen sowie ein Auditorium für Filmvorführungen und Vorträge.
Der „White Cube Bermondsey“ ist die dritte Niederlassung von Jay Jopling. Die Galionsfigur des Londoner Kunstbooms ließ bereits im Jahr 2000 eine alte Lagerhalle im Stadtteil Hoxton zu einem „White Cube“ umbauen. Eine weitere Zweigstelle folgte 2006 in Londons Mason's Yard. Beide Galerien entwarfen MJR Rundell+Associates (siehe
BAUNETZWOCHE#205 ), die auch eng mit dem umstrittenen Künstlergenie Damien Hirst verbandelt sind.
Nun setzt Jopling also auf Casper Mueller Kneer. Einer der möglichen Gründe: Jens Casper sorgte mit dem Umbau eines Berliner Hochbunkers aus der Nazizeit für den Kunstsammler Christian Boros international für Aufsehen (siehe
BauNetz-Meldung vom 25. April 2008. Und Aufsehen zu erregen ist etwas, das die von Jopling so gewinnbringend vermarktete Bewegung der „Young British Artists“ ja zum Markenkern erhoben hat.
Fotos:
Paul Riddle
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lars | 17.01.2012 11:15 Uhrsehr, sehr gut.
bravo, sieht sehr gelungen aus. schöne definition von "temporär" übrigens 15 jahre sind ja schon eine ganz schön lange zeit.
das mit dem reversibel habe ich nicht wirklich verstanden, es scheint doch eine relativ stabile konstruktion eingezogen worden zu sein. oder?