Mit etwas über 6 Millionen Einwohnern gilt Fuzhou gerade erst als chinesische Großstadt. Sie liegt an der Südstküste, auf halber Strecke zwischen Hong Kong und Shanghai. Die rapide wachsende Metropole lobte 2013 einen internationalen Wettbewerb für den Bau eines Kunst-und Kulturzentrums aus, um das „kulturelle Image der Stadt zu stärken”, so die Aussage der Stadtregierung. PES-Architects sind als Sieger dieses Wettbewerbs hervorgegangen. Seit diesem Monat ist das Zentrum eröffnet – und das in Helsinki und Shanghai angesiedelte Büro bringt damit ein Stück klassische Moderne nach China.
PES-Architects hat sich offiziell erst 2010 gegründet und besitzt bereits Erfahrung in der Konzert-und Theaterarchitektur, etwa im ebenfalls 6-Millionen Einwohner zählenden Wuxi. Für den Entwurf im Gebiet Maiwan New Town in Fuzhou hat das Büro, das unter anderem von dem heute 81-jährigen Finnen Pekka Salminen gegründet wurde, nun eine riesige, geteilte Jasminblüte vorgelegt. Eine Referenz an die Stadt, denn die Jasminblüte ist die offizielle Blume Fuzhous. Den Vorteil und Sinn dieses Entwurfs beschreibt Salminen so: „Durch das Teilen in kleinere Gebäude (Anm. d. Red.: in fünf ‘einzelne Blütenblätter’) finden sich die Besucher drinnen und draußen leichter zurecht. Jedes Gebäude hat ein Unterzentrum – eine Gallerie im Innenraum, die der Schwingung der Fassade folgt und mit den Jasmingärten vor dem Gebäude verbindet.“ Die organische Struktur des Gebäudes passt sich dem Lauf des angrenzenden Flusses Minjiang an.
Die komplexe Floralarchitektur, die an höchster Stelle 62 Meter annimmt, stellen PES aus fünf einzelnen Gebäudevolumen – oder, um in der Symbolik zu bleiben, aus fünf Blütenblättern – zusammen. In ihnen befinden sich ein Opernhaus mit 1600 Sitzen, ein Konzerthaus mit 1000 Sitzen, ein Multifunktionstheater mit 700, ein Ausstellungsraum und ein Kino. Verbunden sind diese über eine Dachterasse und der Eingangshalle. Mit einer spiralförmigen Rampe erschließen die Architekten die Dachterrasse, nicht ohne an Klassiker der Moderne wie Le Corbusiers Villa Savoye oder Frank Llyod Wrights Bau für das Guggenheim zu erinnern.
Die Außenhülle des Gebäudes besteht aus Keramikfliesen und -lamellen. Letztere sind wie bei einer Jalousie angewinkelt an die Fassade angebracht um maximale Schattierungen und Schattenspiele im Innenraum hervorzurufen. Unter diesen Lamellen befindet sich Glas, das sich wie ein Röckchen um den Bau legt. Im Innenraum von Opernhaus und Konzerthaus setzen die Architekten weiterhin Keramik ein. Dieses Mal in der regionalen Machart des China-White, die auch für einige Ming-Vasen eingesetzt wird (und von der Meissener Porzellan Manufaktur einst kopiert wurde). Der taiwanesische Künstlers Samuel Hsuan-yu Shih gestaltete zwei verschiedene Varianten der eingesetzten Keramikpaneele: Ein graviertes und ein Mosaik. Beide haben eine hohe auditive Qualität – und schmücken den Innenraum.
Das Multifunktionstheater wiederum verkleideten PES-Architects mit CNC-geschnittenem Bambus. Diesen formen sie entsprechend den akustischen Anforderungen und ermöglichen dazu eine große Flexibilität in der Lichtsteuerung. Das massive Gebäudeensemble ist durch einen promenadenartigen Gang im Untergeschoss von der U-Bahn aus zu erreichen. (tb)
Fotos: Marc Goodwin
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reto | 30.10.2018 10:06 Uhrkrass
Erst mal: schönes Gebäude. Ich finde es, auch im regionalen Kontext und in der Ausführung, gelungen. Innen vielleicht ein bisschen unterkühlt....
ABER das eigentlich krasse dran ist, dass Gebäude dieser Art und Güte (gefühlt) fast im Wochentakt in China fertiggestellt und eröffnet werden. Wie popelig nehmen sich dagegen eine Elbphilharmonie oder eine Berliner Kunsthalle und der vorausgegeangene Weg aus? Mit welchen Mitteln das in Fernost durchgepeitscht wird ist mal eine andere Frage, aber Respekt vor der Bauleistung.