Informelle Siedlungen sind in Lateinamerika weit verbreitete urbane Strukturen. Die Wohnform ist ein physischer Ausdruck schwacher Wirtschaftsstrukturen. Insbesondere der Mangel an zentralem, günstigem Wohnraum führt dazu, dass sich provisorische Unterkünfte in städtischen Randlagen entwickeln. Baulich zeichnen sie sich durch einfache Stein-, Holz-und Wellblechkonstruktionen aus. Über die Zeit manifestieren sich viele dieser Siedlungen und werden zu etablierten Vierteln. Spätestens dann bedarf es auch regulärer sozialer Infrastrukturen, um Bildungs- und Arbeitschancen für die dort ansässigen Menschen zu schaffen. So auch in der Zona 7 in Guatemala-Stadt, wo das lokale Büro Taller ACÁ 2023 ein Gemeinschaftszentrum fertigstellen konnte.
Das Centro Cumunitario Plantando Semillas wurde von der Stadt beauftragt und in Zusammenarbeit mit dem Verein Planting Seeds International umgesetzt. Auf 460 Quadratmetern stehen Räume für ein vielfältiges Förderangebot zur Verfügung. Im Planungsprozess fanden partizipative Workshops statt, in denen Anwohnende ihre Wünsche an das Raumprogramm und die Gestaltung einbringen konnten. Auf dieser Grundlage erfolgte die Konzeption des dreistöckigen Zentrums. Im Rahmen der Beteiligung wurden auch die Materialien gemeinsam definiert: Backstein, mintgrüne Stahlteile und Beton. Dieser Mix ergab schließlich ein rechteckiges Volumen aus Mauerwerk und sichtbaren Betonträgern, das von einer offenen Struktur gekrönt wird. Treppen, Zwischentüren und Fensterleisten sind einheitlich in pastellgrün lackiertem Stahl gestaltet.
Die Geometrie des Baus fügt sich in die Hanglage ein. Von der Straße abgehend führt ein kleiner Weg entlang der Längsseite des Gebäudes zu einem direkten Eingang ins Obergeschoss. Da auf dem Nachbargrundstück eine Abfallentsorgungsstelle angrenzt, ist die Fassade zu dieser Seite hin fensterlos. Das Erdgeschoss erstreckt sich über drei Ebenen, die durch offene Treppen mit Sitzmöglichkeiten verbunden sind. Durch die Nutzung der Verkehrsflächen ließ sich außerdem ein Zusatzbereich zwischen erstem und zweitem Stockwerk einfügen. Darüber liegen Unterrichtsräume, ein Tanzsaal und eine Spielzeugbibliothek.
Das oberste Stockwerk, das nur bis zur Höhe von etwa einem Meter gemauert ist, haben die Architekt*innen als offenen Sportplatz konzipiert. Zwischen Mauerwerk und dem gefalteten Dach spannen Stahlbänder ein feines Netz, um den Platz für den Ballsport zu sichern. Die transparente Gestaltung des Obergeschosses erleichtert zugleich die Belüftung des Gebäudes und eröffnet eine Panoramasicht über das Viertel hinweg.
Der Name des Büros ACÁ steht für die Abkürzung Arquitectura, Ciudad, Activismo – Architektur, Stadt, Aktivismus. Deutlich wird der gemeinwohlorientierte Anspruch des Büros auch in diesem Projekt. Trotz geringem Platz ist ein ansprechendes, offenes Gebäude entstanden, das die Lebensqualität im Viertel verbessert.
Text: Isabel Herrle
Fotos: William Cuc
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Max | 25.01.2024 12:59 UhrDas tut weh
Ein Mensch, der selber Sport treibt, hätte das oberste Geschoss sicher nie so geplant. Wer möchte denn bitte immer auf Pfosten beim Ballspiel achten? Es sollte doch das Sportgerät im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit stehen...
Ansonsten stimme ich Andrea zu. "Angemessen" im besten Sinne!